
Steinen ganz roh aufgeführt, und voller Schmutz und Ungeziefer
sind, und insgesammt fast jeglichen Hausraths entbehren.
In diesen Löchern wohnt der grössere Theil des
Zuwachses der Bevölkerung Alexandriens, d. h. die Familien
der in dem Arsenale arbeitenden Araber, der anwesenden
egyptischen Besatzung und der Mannschaft der Kriegsschiffe.
Obgleich also die Bevölkerung der Stadt wirklich
ungemein zugenommen hat, so ist diese Vermehrung
doch keineswegs eine Folge der vermehrten bürgerlichen
Gewerbsthätigkeit oder einer durch Wohlstand ver-
anlassten grösseren Concentrirung von Menschen. Die gegenwärtig
in Alexandrien zusammengedrängte neue Bevölkerung
ist daher auch gewissermassen nur ein provisorischer
Zuwachs, und ihre kürzere oder längere Anwesenheit
von den Unternehmungen der jetzigen Regierung abhängig.
Eine Reihe grösser neuer Häuser von Stein ist in demjenigen
Theile der Stadt erbaut worden, den die politischen
und Handels-Agenten der Europäer von jeher bewohnt
haben; und auch in den übrigen Stadtquartieren und in der
Nähe der Canalufer wurden für eingeborne Beamte mehrere
luftige Gebäulichkeiten nach dem in Constantinopel herrschenden
Geschmack errichtet; alle aber sammt dem am
West-Eingange des Hafens gelegenen Residenzschlosse des
Pascha’s, können wegen ihrer leichten Bauart die Generation,
welcher sie ihren Ursprung verdanken, nicht lange
überdauern. Alle diese Bauten, namentlich die im Arsenal,
batten einen höchst verderblichen Einfluss auf die alter-
thümlichen Trümmer Alexandriens; alle Mauersteine derselben
wurden nach und nach aufgewühlt, und alle zerstreut
liegenden oder noch aufrecht stehenden Säulen (unter ändern
auch die drei schönen, colossalen Porphyr-Säulen mit
polirter Oberfläche, von welchen die Sage ging, dass sie einst
den Porticus der Ptolemäischen Bibliothek tragen halfen)
in Stücke geschlagen, um als rohes Material verbraucht zu
werden, besonders zum Behuf derUnterlagen für die Kiele
der zu bauenden Kriegsschiffe. Jetzt ist vom alten Alexandrien
keine andere Ruine mehr an ihrem ursprünglichen
Standorte übrig, als die Säule des Diocletian, die beiden
grossen Granit-Obelisken und eine Suite von Cisternen, die
noch im Gebrauche sind.
Der im Jahr 1820 gegrabene grosse Canal, durch welchen
man eine permanente Schifffahrts-Verbindung zwischen
dem Nil und Alexandrien bewerkstelligte, hätte beinahe
einen unberechenbaren Schaden für Egypten veranlasst,
durch die Verschlämmung, womit das aus diesem Canal
abfliessende Wasser den schönen Hafen von Alexandrien
bedrohete. Der Canal mündet in den sogenannten alten oder
westlichen Hafen der Stadt; von dem Ausfluss bildete sich
eine mit jedem Jahr progressiv zunehmende Schlammbank,
auf deren Bedenken erregende Vergrösserung ich bei meiner,
öftern, in ziemlich gleichen Zeitentfernungen Statt gefundenen
Anwesenheit zu Alexandrien unwillkührlich aufmerksam
gemacht wurde *). Bekanntermassen war zur Zeit
der Begründung der Stadt Alexandrien der Hafen durch
oine Insel gebildet, auf welcher der berühmte Pharos erricht
tet war. Ein langer Damm unterhielt die Verbindung zwischen
dieser Insel und der Stadt, und schied so den ganzen
grossen Hafen in zwei ungleiche Abtheilungen. Ein vom Nil
abgehender künstlicher Canal mündete in den nach Osten zu
liegenden Hafen. Diess war im Allgemeinen die Lage des
alten Alexandrien **). In gegenwärtiger Zeit ist die Insel
*) In den Jahren 1817, 1822, 1827, 1831 und 1834.
**) Männert in seiner Geographie von Afrika erklärt freilich Alles
ganz anders.