
Im Dorfe El Wadi sind einige dreissig Familien des
Araberstammes der S o elh e in Lehm-Hütten angesiedelt,
welche von Dattelpalmgruppen beschattet werden. Da die
Umgegend keine gute Viehweide besitzt, so. war wohl die
Hauptveranlassung zu dieser Ansiedelung der Nutzen, welcher
den Bewohnern aus dem Verkaufe des trefflichen Trinkwassers
und einiger Lebensmittel an die im Hafen von Tor
regelmässig landenden Reisenden erwächst. Ausserdem
ziehen sie aus einer nahgelegenen grossen Dattelpflanzung
Gewinn, die zwar dem Kloster des Berges Sinai gehört, von
deren Früchten aber diese Beduinen einen grossen Theil
in Anspruch nehmen, unter dem Vorwande, dass sie für
deren Beschützung Sorge trügen. Die Art, wie dieselben
mit den Klosterbrüdern den Ertrag der Dattelernte theilen,
ist eigenthümlich. Wenn die reifen Früchte abgeschüttelt
oder abgeschnitten werden, so breitet man um den Baumstamm
ein Tuch etwa so weit aus, als die Krone des Baumes
reicht. Was nun von den herabfallenden Früchten auf das
Tuch zu liegen kommt, gehört den Klosterbrüdern; Alles
dagegen, was über das Tuch hinausfällt, ist Eigenthum der
Araber; da immer einer der letztem es ist, der auf den
Baum klettert, um die Datteln abzunehmen, so fallen natürlicher
Weise die meisten Früchte weit vom Baume.
Die Gegend östlich vom Dorfe El-Wadi ist eine breite
vea’etationsleereund mitSand und Granit-Geröllen bedeckte
Ebene. Wir durchritten sie in nordöstlicher Richtung in
vier einhalb Stunden Zeit, und rasteten dann während der
drückenden Mittagshitze am Fusse der Gebirgskette. Dieser
zu Gebirgsmassen durch vulcanische Thätigkeit noch unbekannt, aber
beim ersten Anblick dieser Inseln kam ich unwillkührlich auf die nämliche
Idee. Siehe meine Reise nach Arabien (1829) pag. 181 und 183.
besteht aus einer röthlichen Feldspathmasse mit krystalli-
nischem Quarz und wenig Glimmer. Zu bemerken ist, dass
nirgends am Fusse der Hochgebirge des Sinai eine Nagel-
flueformation sich findet. Nachdem wir zwei Stunden Wegs
die Granithügel entlang zurückgelegt hatten, befanden wir
uns an der Mündung des Thaies H e b ran , welches durch
ziemlich steile Felswände beengt wird, die theils röthlicher
Granit in unregelmässigen Massen, theils geschichteter, in
Hornblendeschiefer übergehender Syenit sind. Bald wird
das Thal kaum zwanzig Schritte breit, und in dieser Einengung
fliesst ein schöner Bach, der freilich nur eine kurze
Strecke auf der Oberfläche des Sandbodens sichtbar ist.
Drei Stunden von der Mündung des Thaies Hebran befindet
sich ein anderer enger Felsenpass mit Syenitwäuden, in
dessen Tiefe gleichfalls ein klarer Bach rieselt, den üppige
Gruppen wilder Dattelpalmen beschatten. Diese Bäume
werden hier sonderbarerweise nie durch künstliche Befruchtung
nutzbringend gemacht, wie es denn überhaupt der die
Freiheit liebende Beduine verschmähet, sich mit dieser
gewiss einträglichen Cultur zu beschäftigen. Wir schlugen
unser Nachtlager an diesem Orte auf, der die in Arabien
so seltenen Annehmlichkeiten, kühlen Schatten und reines,
fliessendes Trinkwasser, mit einander vereinigte; und da
den ganzen Tag über brennend heisse Südluft die von uns
durchwanderte Fläche mit drückenden Dünsten erfüllt hatte,
so war unser, durch den Contrast damit um so romantischer
erscheinender Lagerplatz doppelt wohlthuend für Menschen
und Thiere. Am folgenden Morgen ging unser Weg zwei
Stunden lang durch ein enges Thal in nordöstlicher Hauptrichtung;
beinahe senkrecht aufgethürmte Schichten von
Hornsteinporphyr und Syenit bildeten das Gebirge, durch
welches das Thal zieht; die Schichten an den beiden Wän-
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