
selbst bleibt der Supplicirende aufrecht stehen, wobei der
ganze obere Theil seines Körpers entblösst seyn muss;
beim Weggehen aber wiederholt er jene Cérémonie. Im
Hause des Naib begegnete ich ebenso, wie mehrmals auf
den Strassen, Leuten, die paarweise durch eine Kette bei
den Armen an einander gefesselt waren; von solchen Zusammengeketteten
ist immer nur der eine ein Sträfling, indem
es hier, so wie in ganz Abyssinien, Gebrauch ist, einen
Verbrecher stets an einen freien Mann anzufesseln, um
sein Entweichen zu verhindern.
§. 8.
Excursion in das Thal Modat und Beschreibung
einer Hochzeitsfeier zu Arkiko.
Naib Jahia wollte, dass einer seiner Söhne und zwei
seiner sogenannten Soldaten meine Jäger nach A ilat,
dem vornehmsten Dorfe im Thale M odat, begleiten und
daselbst als eine Art von Schutzwache fortwährend bei ihnen,
bleiben sollten; allein da ich den Scheik jenes Ortes, Idris,
von früherer Zeit her genau kannte, und aus Erfahrung
wusste, welche lästige, kostspielige und doch nicht wesentlich
nützende Gesellschaft des Naib Anverwandte und Soldaten
sind, so lehnte ich diess mit Bestimmtheit ab, und erlaubte
nur, dass sein ältester Sohn uns nach Ailat begleite, um uns bei
der ersten Visite daselbst durch mündliche Botschaft besonders
zu empfehlen. Ich hatte den 25. September zum Tage
meiner Abreise nach dem Modat-Thale bestimmt; die M ietpreise
für die Kameele, die uns dahin bringen sollten, waren
festgesetzt, und diese sollten uns zu Gerar, nördlich von
Massaua, erwarten; aber an jenem Tage erschien in der
Frühe ein Bote des Naib, um mir zu berichten, dass die
bestellten Kameele heute nicht kommen würden, weil man
sie auf der Weide nicht habe auffinden können; zugleich
liess mir der Naib bedeuten, ihm unverzüglich einen neuen
seidnen Leibrock und einen musselinenen Kopf-Shawl zu
schicken, da er diese Kleidungsstücke zu einem feierlichen
Besuche bei dem neuen türkischen Kaimakan nöthig
habe. Um nicht in der Ausführung der projectirten Excursion
aufgehalten zu werden, fügte ich mich dieser eigenen
Art von Erpressung, die in der Folge beinahe jedesmal,
wenn ich irgend etwas vom Naib persönlich Abhängendes
bedurfte, wiederholt ward.
Zwischen Massaua und der nördlich gegenüber liegenden
Küste Gerar, unterhalten zwei den ganzen Tag über
hin- und hergehende Boote die Verbindung; sie werden
aus der Zolleinnahme unterhalten, und müssen die Bewohner
von Massaua und der Umgegend unentgeltlich übersetzen,
während die Abyssinier ihre Ueberfahrt zu bezahlen
haben. Zu Gerar mussten wir ein Paar Stunden auf
die Ankunft der Kameele warten, und hatten uns nachher
von Morgens frühe bis zur Mittagsstunde, bei brennend
heissem Sonnenschein und auf einer flachen Corallen-Kalk-
Terrasse, mit den Führern derselben zu zanken. Diese
wollten die zum Einsammeln naturhistorischer Gegenstände
mir ganz unentbehrlichen grossen Kisten durchaus nicht
aufladen, ein Theil von ihnen ging desshalb auch mit ihren
Lastthieren wieder weg, und mir blieb zuletzt nichts übrig,
als durch bedeutend erhöheten Lohn meinen Willen durchzusetzen.
Solche Vorfälle sind Episoden, die in jenen
Ländern stets wiederkehren, und auf die sich desshalb jeder
Reisende im Voraus gefasst machen muss. Unschätzbar