
von Aftü bereits bei Gelegenheit der Vermählung seiner
Tochter mit meinem Begleiter kennen gelernt; und das
Geschenk eines mousselinenen Shawls frischte bald die gemachte
Bekanntschaft auf, und bewirkte eine sehr freundliche
Aufnahme. Wir bekamen gegen massige Bezahlung
Milch und ein Schaf, bei dessen Verzehrung uns von dem
Hausherrn thätig geholfen wurde, und überdiess räumte
uns derselbe eine Ecke der Hütte als Obdach ein. Die
Wohnungen sind hier möglicher Weise noch schlechter
als im Modat-Thale, Sie haben Giebeldächer und ausser
dem Eingang keine einzige Oeffnung. Das Innere derselben
ist durch eine mannshohe Rohrdecke in zwei gleiche
Theile getrennt, von denen^der vordere allein den Fremden
zugänglich ist, und aus Lederriemen geflochtene Ruhebetten,
Kameelsättel, Wasserkruge und anderen unbedeutenden
Hausrath enthält. Die hintere Abtheilung ist das Schlafzimmer
der Familie; in einem Winkel desselben befindet
sich ein von gekrümmten Holzstangen verfertigtes, bienenkorbähnliches
Gestell, welches mit Strohmatten überzogen
ist und das Schlafgemach des Hausherrn und seiner Ehehälfte
bildet; die Sklavinnen und Kinder schlafen rund um
dasselbe gelagert; ausserdem sieht man in diesem Theile
der. Hütte auch die zum Reiben des Mehls dienenden
Granitsteine und die in die Erde eingegrabenen Lehm-
Cylinder zum Brodbacken. Zur Nahrung beziehen die Einwohner
Mais und kleine Bohnen von den Abyssiniern, theils
gegen Salz, theils vermittelst des aus dem Verkauf ihrer
Schafe, die sie regelmässig nach Massaua bringen, erlösten
Geldes. Bei den männlichen Bewohnern bemerkte ich
durchgehends eine grosse Aehnlichkeit unter einander: sie
haben ein ovales Gesicht mit spitzer Habichtsnase, grosse
lebhafte Augen, schön geformte Lippen, etwas grosse Zähne,
wenig Bart, und zwar nur an der Mitte des Kinns, stark
gekräuseltes, schwarzes Haupthaar, welches rund um zwei
Zoll von dem Kopfe absteht, einen schlanken, edeln Wuchs
und dunkelbraune Hautfarbe*). Ihre Sprache ist von dem
Tigre-Dialect wenig verschieden. Jeder Erwachsene ist
beim Ausgehen immer mit Schild, Spiess und Schwert bewaffnet.
Muth und Tapferkeit werden als hervorstechende
Eigenschaften derselben angeführt. Ueber ihren moralischen
Zustand weiss ich nichts mitzutheilen. Die Bewohner
von Aftö, sowie die des benachbarten Zula, halten sich
für einen Zweig des Volksstammes der Saorto, welchen
Bruce in Folge einer Verwechselung Hazorta nannte, und
der nun auch bei Salt und ändern Autoren fälschlich diesen
Namen führt**). Die beiden genannten Reisenden erklären
die Saorto’s oder Hazorta’s irrthümlich für eine Abtheilung
der Schoho-Beduinen, welche den Fuss des Assauli-
und Taranta-Gebirgs und einige südlich desselben liegende
Gegenden bewohnen; denn diese Schoho’s sind ganz verschieden
von den Saorto’s, und höchst wahrscheinlich nichts
als eine verirrte Galla-Völkerschaft***); sie reden eine
eigene Sprache f) und haben eine eigentümliche Gesichts*)
Eine gute Abbildung befindet sieh in Salt’s zweiter Reise Tafel 13
in dem Portrait des Aito Debib.
**) Jener Volksstamm heisst vermutblich eigentlich Za-Hortu; Za
soll in der alt-Ethiopischen Sprache ein Häuptlingstitel seyn, und das
Wort Hortu kommt als Bezeichnung eines Stammes oder eines Districts
an der abyssinischen Küste öfters vor; so heisst der Hügelzug, welcher
die Anesley-Bay östlich begrenzt, Hortu, und bei Salt führen die westlich
von der Salzebene wohnenden Yolksstämme denselben Namen.
***) Pearce Vol. 2. pag. 8 spricht von Hazorta-Gallä’s, und gibt
ganz sonderbare Nachrichten über ihre eheliche Nachsichtigkeit; das
Ganze hat aber den Anstrich eines Mährchens.
t) Salt gibt ein kleines Vocabularium derselben in seiner zweiten
Reise pag. XIII.