
Entferntesten auf dieses Insect beziehen liesse, und eben
so wenig findet sich in den Berichten von Pearce über
seinen langjährigen Aufenthalt in Abyssinien oder in der
neuern Reise des Missionairs Gobat eine Spur von diesem
angeblich so furchtbaren Thiere. Im Verlaufe meiner zweimaligen
langen Anwesenheit zu Massaua verweilten meine
Jäger beinahe in jeder Jahreszeit Monate lang im JThale
Modat, und konnten sich also durch eigene Erfahrung von
der Nicht-Existenz dieser vorgeblichen grossen Landplage
überzeugen.
Wir kehrten bei dem Häuptlinge des Dorfes Ailat,
Idris Iben Mehamet, ein, bei dessen Vater meine Jäger
im Jahr 1826 mehrere Monate einquartiert waren, um Thiere
und Vögel einzusammeln, die in überaus grösser Mannich-
faltigkeit in dem Modat-Thale periodisch Vorkommen.
Meine Leute sollten jetzt zu gleichem Zwecke hier und
in der Umgegend längere Zeit verweilen; und ich logirte
sie daher bei Idris ein. Nachdem ich eine Uebereinkuuft
mit ihm geschlossen hatte, kraft deren er ihnen gegen eine
bestimmte Summe Obdach, Brennholz, gutes Trinkwasser
und einen Begleiter auf ihren Jagdexcursionen geben musste,
und für die Sicherheit ihrer Personen und Effecten sich vei-
antwortlich machte, gab ich ihm noch ein besonderes, in
einem scharlachfarbigen Stück Tuch bestehendes Geschenk.
Von jener Summe nahm der Sohn des Naib Jahia, welcher,
wie bemerkt, mit uns nach Ailat gereist war, alsbald
einen Theil für sich selbst in Beschlag.
Die Wohnungen im Modat-Thale sind leichte, aus
Reisern erbaute und mit trockenem Binsengras überdeckte
Hütten, welche nur für kurze Zeit errichtet werden, weil
wegen der Plage der Termiten und anderes Ungeziefeis
die Lagerplätze 'öfters gewechselt werden. Die meisten
sind klein, von halbrunder Form und mit einer niedern
Thüröffnung versehen; nur einige wenige viereckige, käfigartige
Wohnungen sind etwas solider aus Baumstämmen
erbauet; auch in sie dringt aber, zur wahren Verzweiflung
der naturhistorischen Sammler, durchgehends bei starkem
Regen das Wasser ein. Immer sind mehrere dieser
Hütten zusammen gruppirt und werden von einer aus gros-
sen Aesten dorniger Bäume gebildeten dichten Einzäunung
umgeben, deren Eingang durch einen inwendig vorgeschobenen
grossen Dornstrauch geschlossen wird. Hier
ruhen in der Nacht die zahlreichen Schaf- und Ziegen-
Herden, einigermassen geschützt gegen die Raubthiere,
die in grösser Zahl in Modat hausen. Diess sind namentlich
Hyänen, Luchse, Leoparden und zuweilen ein Löwenpaar.
Die Hyäne dieses Thals, bei den Landeseingebornen
Karai genannt, ist die der gefleckten Art (H. crocuta), die
einzige, welche in Abyssinien sich findet; nördlich vom
siebenzehnten Breitegrad scheint dieselbe durchaus zu fehlen,
und ausschliesslich die gestreifte Hyäne (H. striata)
vorzukommen. Diese Thiere sind von Natur sehr feig, haben
aber, wenn der Hunger sie quält, eine unglaubliche
Kühnheit. Sie besuchen dann selbst zur Tageszeit die Häuser,
und schleppen kleine Kinder fort, wogegen sie jedoch
nie einen erwachsenen Menschen angreifen. Oft wissen sie,
wenn Abends die Herde heimkehrt, eins der letzten Schafe
derselben durch einen Sprung zu erhaschen, und meist
gelingt es ihnen, trotz der Verfolgung des Hirten, ihre
Beute mit sich fortzuschleppen. Hunde werden hier nicht
gehalten, weil sie gegen Raubthiere doch ganz nutzlos
sind. Die Eingebornen fingen für uns mehrere grosse
Hyänen lebendig in Gruben, die in einem von Dorn-
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