
§. 11.
Reise von Massaua nach Halai.
Wer die Berichte von Salt und Bruce über die in Arkiko,
beim Antritt ihrer Reise nach Abyssinien, gegen sie
verübten Gelderpressungen und die dabei angeblich erlittene
Lebensgefahr, liest, dem mochte wohl die Lust
vergehen, sich freiwillig Aehnlichem auszusetzen. Indessen
hängt hierin sehr viel von Zeitumständen und Persönlichkeit
ab. Salt’s Benehmen hatte die Bewohner von
Arkiko zu dem Glauben veranlasst, die europäischen Reisenden
könnten zum Zahlen unverschämter Geldforderungen
gezwungen werden, und man machte desshalb auch
bei mir mehrere Versuche, mich zu brandschatzen; Herr
Gobat, Missionair einer Bibelgesellschaft, ist aber ganz
im Irrthum, wenn er, Gott weiss auf welche Autorität hin,
erzählt*), ich hätte zu Arkiko allein 170 Species-Thaler
für die Erlaubniss, meine Reise fortzusetzen, bezahlen
müssen. Da solche irrige Angaben leicht späteren Reisenden
nachtheilig seyn können, so halte ich es für meine
Pflicht, zu erklären, dass, ausser den Geschenken und der
Zahlung von fünfzig Species-Thalern an den Naib Jahia,
deren ich vorstehend (pag. 278) erwähnte, und die beide
hauptsächlich durch den langen Aufenthalt meiner Jäger
im Modat - Thale und meine Excursion nach Zula veranlasst
wurden, ich zum Behuf der ungehinderten und sicheren
Reise nach Abyssinien nichts weiter bezahlte, als Folgendes:
an den Naib Jahia selbst ein Geschenk von dreis-
sig Species-Thalern; an die beiden Schoho-Führer, die für
*) Magazin der Missionen der Bibelgesellschaften, Jahrgang 1834,
pag. 277.
die Sicherheit meiner Person und sämmtlicher Effecten
bis auf die Höhe des Gebirgs von Halai verantwortlich
waren, zusammen Fünfzehn Thaler; an einen mich bis nach
Halai begleitenden nahen Anverwandten des Naib , Namens
Jakoub, der sich als ein rechtlicher und dienstfertiger
Mann bewährte, sechs Thaler; an den ältesten Sohn
des Naib, in. dessen Haus in Arkiko ich wohnte, einen
Thaler; an den Bruder des Naib, Abd el Rachman , der
mit Hadgi Omar Saidi den Mittelsmann bei den Verhandlungen
zwischen mir und dem Naib gemacht hatte, einen
Thaler; und an einen christlichen abyssinischen Diener
des Naib, Namens Elias, der bis nach Halai mit mir gehen
sollte, um mich dem dortigen Schum so zu sagen zu übergeben,
ebenfalls' einen Thaler — also zusammen vier und
Fünfzig Thaler! Zwar bestürmten auch die Hausdiener des
Naibs und mehrere der sogenannten Soldaten von Arkiko
mich, zum Theil mit sehr grösser Zudringlichkeit, ja selbst
mit Drohungen, um Geschenke ; allein eine derbe Antwort
von meiner Seite und ein Paar Worte von Hadgi
Omar Saidi reichten hin, um alle diese Unverschämtheiten,
auf die ich gewissermassen gefasst war, zu beseitigen.
Dieser brave Omar übrigens hat mich nicht allein nach
Arkiko begleitet, sondern er blieb auch so lange daselbst,
bis ich abgereist war.
Ich bin über diese Dinge sehr ausFührlich, weil solche
Notizen einem späteren Reisenden gewiss nützlich seyn
werden. Aus "demselben Grunde bemerke ich noch, dass
jeder hier reisende Europäer wohl thun wird, seine Effecten,
wenn sie einigermassen bedeutend sind, nicht auf
einem Boote von Massaua nach Arkiko direct bringen zu
lassen, indem er an letzterem Ort nicht leicht jemand findet,
der das Gepäck durch das seichte Wasser vom Boote