
Holi ertönte ihr Klang, von dem Echo vervielfältigt, durch
das Thal hin. Auffallend war es mir, dass diess bei den
Einwohnern kein grosses Interesse erregte, obgleich nur
sehr wenigen von ihnen ein solches Geläute durch die zu
Gondar und Axum befindlichen Kirchenglocken bekannt
war.D
ie ganze Felsmasse rund um uns her bestand aus
Gruppen von schlankem Säulenbasalt. Dieser hatte zuweilen
eine ganz sonderbare Gestalt, z. B. ganz dicht an
unserm Lagerplatze, wo alle Säulen nach einem Central-
puncte zusammenliefen. Es waren meistens unregelmässige
Polygone von vier, fünf, sechs und mehr Ecken, und von
vier bis sechzehn Zoll Dicke. Dieser Basalt ist sehr compact,
von homogener Masse und ohne fremdartiges kry-
stallinisches Beigemisch. Unmittelbar am Ufer des Flusses
ruhet die Basaltlava-Masse auf horizontal geschichtetem
Sandstein, so dass also auch in dieser Gegend die letztere
Formation den-Kern des Gebirgs bildet. Nach der Zahl
der uns mit Besuchen belästigenden Individuen zu urthei-
len, scheint die Gegend des Fleckens Ataba wohl bevölkert
zu seyn; hier wird schon allgemein die amharische
Sprache, der Hauptdialect des ganzen südwestlichen Abys-
siniens, gesprochen. Die Ackerfelder waren grossentheils
und auf eine sorgfältige Weise mit Gerste bestellt, und
diese stand gerade jetzt auf dem fruchtbaren vulkanischen
Boden in dem herrlichsten Flor. Die Gerste war nur etwa
drei Wochen zuvor ausgesäet worden und doch schon eine
Spanne hoch hervorgekommen. Nie soll hier durch Misswachs
die Hoffnung des Landmannes getäuscht werden,
da das günstigste Frühlingsklima, das heisst mässige Wärme
mit hinlänglichem Regen, hier den grösseren Theil des
Jahres hindurch herrscht; ausserdem verscheuchen die kühlen
Nächte die Heuschrecken-Schwärme, welche öfters so
verheerend in den Niederungen dieses Landes hausen.
Uebrigens war hier der Wind, wenn er von den westlich
benachbarten Schneebergen herabkam, selbst bei Tage
schneidend frisch, obgleich die warme Jahreszeit jetzt
bereits angefangen hatte.
Nachdem wir hier einen kleinen Durchgangszoll in
Pfeffer und Baumwollenzeug entrichtet hatten, zogen wir
am Morgen des 27. Juni bei einer ganz reinen, kalten
Luft in westsüdwestlicher Richtung, den Ufern des Ataba
entlang, im Wiesenthal weiter. Fortwährend stürzten zu
beiden Seiten des Thaies von den felsigen Höhen viele
Bäche in romantischen Gascaden herab. Die Wassermasse
des Ataba ist hier ungefähr so gross, als im Sommer die
der Reuss bei der Teufelsbrücke. Nach einer Stunde kamen
wir an eine pittoreske Stelle, wo der Fluss unten in
einer um sechzig Fuss tiefen vulkanischen Spalte schäumend
hinwogte, während die Felsmassen seines oberen
Uferrandes keine zehn Fuss von einander entfernt waren.
Man hatte über diese Schlucht einige Baumstämme gelegt,
diese mit Steinen und Reisern überdeckt, und so eine gefährliche
Brücke für Menschen und Vieh gebildet.
Da wir unsere Maulthiere für den bevorstehenden Ueber-
gang über das Hochgebirge möglichst schonen wollten,
so marschirten wir heute nur zwei und eine Viertel Stunde
Wegs, in verschiedenen Windungen das schöne Wiesenthal
entlang, wobei’ wir übrigens nicht sonderlich anzusteigen
hatten. Es fand auf unserm heutigen Lagerplatze
zwischen uns und den Eingebornen ein lebhafter Austausch
von Lebensmitteln gegen die von uns mitgebrachten
Waaren Statt, wobei meine egyptischen blau-seidenen
Litzkordeln vor jedem ändern Artikel den Vorzug er