
mit allen seinen Truppen von Kordofan herbeigeeilt, so
würden vielleicht jene Länder für immer jenem Glück der
Civilisation entgangen seyn, das — wie einige heuere Reisende
dem europäischen Publikum ruhmredig berichteten —
Mehemet Ali Pascha ihnen angedeihen lassen will.
Die Grausamkeiten, welche Mehemet Beg Defterdarin
der Provinz Schendi ausüben liess, um den Tod seines Schwagers
Ismail Pascha zu rächen, sind zu empörend, als dass
sie hier ausführlich dargestellt werden könnten. Ein türkisches
Heer richtet jedesmal, wenn es siegreich in ein Land
eindringt, furchtbare Verheerungen an; wenn es aber mit
Uebermacht kommt, um eine Reheilion zu bestrafen, dann
ist fast jeder einzelne Mann desselben ein scheusslächer
Wütherich. Mehrere tausend Menschen wurden damals,
gleich viel, ob schuldig oder unschuldig, injenen Provinzen
geschlachtet, lebendig verbrannt, gespiesst oder verstümmelt*).
Auf so grausame Weise kam dieser ganze Theil
von Afrika wieder unter dieBothmässigkeitdes egyptischen
Eroberers; er ist seitdem ihm unterworfen geblieben, und
befindet sich noch bis zur Stunde in seinem Besitz, obgleich
ich schon im Jahr 1826 glaubte, dass man sehr bald gezwungen
seyn würde, ihn wieder zu verlassen — nicht etwa in
Folge neuer Empörungen, sondern weil das systematisch
ausgeplünderte und entvölkerte Land am Ende unfähig werden
müsse, die es besetzt haltende Militairmacht zu ernähren.
Ein Theil des Soldes, den die in Senaar und Kordofan
stationirten egyptischen Truppen erhalten, besteht dermalen
(1833) darin, dass man sie nöthiget, regelmässige
Streifzüge gegen die nicht unterjochten Nuba- oder Negerstämme
zu machen, um Menschen zu rauben, die dann von
*) Eine kurze Andeutung in Betreff' dieser Scenen befindet sich in
meiner Reise nach Nubien und Kordofan, pag. 106 und 111.
*
der Regierung nach einem bestimmten T a rif unter die Sol
daten vertheilt, und von diesen bestmöglichst an die Händler
veräussert w erden. D iese grossen Menschenjagden werden
von Jahr zu Jahr blutiger und für beide Theile gefahrvoller,
weil man die Mittel zur Erreichung dieses Zweckes einander
ablernt.
Ueber die Schicksale der unglücklichen Nuba, die in
Folge der Eroberungen von Senaar und Kordofan als Sklaven
in den Besitz von Mehemet Ali gekommen, nach Egypten
abgeführt wurden, muss ich noch Folgendes mittheilen.,Im
Jahr 1829 befanden sich beiläufig tausend alte Weiber und
kränkliche Männer dieser Nuba-Race als Regierungs-Leib-
eigne in Oberegypten, gewissermaßen der ganze Rest von
jenem Menschenraube, durch den nach der Aeusserung einiger
europäischen Publicisten, Mehemet Ali die grossartige
Idee verwirklichen wollte, die verschiedenen Völkerstämme
zum Behuf ihrer Civilisirungzu verschmelzen. Diese unglücklichen
Neger waren für die«egyptische Regierung eine Last,
weil sie unfähig waren, sich ihren Lebensunterhalt zu erarbeiten.
Was that man also ?! Man schenkte mit einer eigentümlichen
Art Grossmuth allen diesen alten und gebrechlichen
Sklaven die Freiheit, wodurch man der Obliegenheit
überhoben wurde, für ihren ferneren Unterhalt zu sorgen,
und liess sie gewaltsam zu Schiffe Nil aufwärts bringen! um
sie dann von Dongola aus durch die Wüste nach ihrem
Geburtslande wandern zu lassen. Ob irgend einer von ihnen
Kräfte genug hatte, dieses Ziel zu erreichen, ist mir nicht
bekannt.
Mehemet Ali, in seiner Erwartung getäuscht, durch die
Eroberung von Nubien eine gehörige Anzahl von Neger-
Sklaven zu erhalten, und aus ihnen ein starkes regelmässig
eingeübtes Truppencorps errichten zu können, bestrebte sich