
weise ganz geschmolzen waren. Auch dieser Theil des
Wegs war sehr steil und mitunter gefährlich. Nach einer
Stunde kamen wir am Fuss des Berges an, und gingen
dann über eine wasserarme Fläche zu einem jetzt trockenliegenden,
namenlosen Strombette, welches in den Sandstein
eingewühlt, aber voller grösser vulkanischer Fels-
gerölle war. Hier lagerten wir uns bei einzeln stehenden
Bäumen von Adansonia digitata, die eben jetzt in voller
Blüthe waren. Ich erinnere mich nicht, sonst wo in Abys-
sinien diesen ausgezeichneten Baum gesehen zu haben.
Uebrigens waren die Dimensionen von jenen im Vergleich
mit denen anderer Länder gering; denn der Stamm hatte
nur um zehn Fuss Durchmesser an seinem unteren Theile,
und etwa sechszig Fuss Höhe. *)
Der Horizont der Landschaft war hier ziemlich eingeengt
durch die mit vulkanischen Kegeln abwechselnden
schroff emporsteigenden Sandstein-Felshügel. Dieser Wechsel
verschiedener Formation deutet auf einen hartnäckigen
Widerstand, den einst der die ganze Gegend überdeckende
Sandstein dem Durchbruch der Lava-Massen entgegensetzte,
welcher hier recht deutlich wahrzunehmen und
äusserst belehrend zu beobachten war. In der Umgegend
herrschte damals ein grösser Wassermangel, obgleich die
in diesem Jahre ausgebrochenen starken Gewitter bereits
einen frisch treibenden Graswuchs erzeugt hatten.
Der Mahommetaner, welchen ich von Tackeraggirö
aus mit einem Briefe an Detjatsch Ubi abgeschickt hatte,
(pag. 370.) kam hier zu uns zurück, aber er brachte auch
mein Schreiben an diesen Häuptling wieder mit, weil es
*) Die von mir auf meiner früheren Reise gesehenen Adansonien
hatten häufig mehr als das Doppelte dieser Dimensionen.'
arabisch abgefasst war, und diese Sprache in dem ganzen
Lager Ubi’s Niemand verstand. Zum Glück hatte er meinen
ersten an Ubi abgeschickten Boten, welcher sich unter
der siegesfrohen abyssinischen Soldateska umhertrieb, aufgefunden
und Sorge getragen, dass der diesem anvertraute,
in abyssinischer Sprache geschriebene Brief an den Herrscher
übergeben wurde. Ubi, bei welchem auch der oben
erwähnte, in Tackeraggirö von mir beschenkte Geistliche
ein Fürwort zu Gunsten meines Gesuches einlegte, schickte
nun sechs Lastträger nach Temben, um das angekündigte
Geschenk einer Glocke in Empfang zu nehmen und mir
zu bedeuten, dass ich alsobald persönlich zu ihm nach
Adowa kommen möchte. An eine weitere Instruction und
eine Verköstigung dieser Leute war dabei gar nicht gedacht
worden, und sie hatten desshalb, als sie nach meiner
Abreise von Tackeraggirö daselbst ankamen, nichts Eiligeres
zu thun, als in ihre Heimath zurück zu kehren. Ich
selbst betrachtete den Umstand, dass diese Rückbotschaft
mich verfehlte, als ein Glück, indem ich dadurch der lästigen
Gesellschaft von sechs wilden Tigreern überhoben war
und nicht in den unangenehmen Fall kam, die Einladung
Ubi’s abzuschlagen.
Der natürliche Schutz, welchen die steil zerrissene Gebirgslandschaft
den Eingebornen hiesiger Gegend gegen
kriegerische Raubzüge gewährt, scheint auf den Wohlstand
derselben günstig zu wirken; wenigstens war die weibliche
Bevölkerung ziemlich reich mit silbernen Arm- und Fuss-
spangen geschmückt, eine Verzierung, die mir in Abys-
sinien nirgends sonst so häufig vorgekommen ist. Uebrigens
waren die Lebensmittel hier sehr theuer. Wegen der übertriebenen
Preisforderungen, welche man machte, war es
mir unmöglich, hier den nöthigen Vorrath an Futter für