
nicht, ausser dass die farbige Borde seines grossen vyeissen
Umhängtuchs nicht von Baumwolle, sondern von Seide
war. Er trug eine grosse Zahl Zauberformeln, deren jede
in einen ledernen Cilinder eingenähet war^
Einige Zeit nach unserer Ankunft brachte man mehrere
anderthalb Fuss hohe Tische von Rohrgeflechte, die
in einer Reihe dem Sitz des Gouverneurs gegenüber aufgestellt
wurden, und auf denen man dann dünne !Brod-
kuchen von Teffmehl aufhäufte. Diese waren von zweierlei
Qualität: die oberen Schichten derselben, welche für
die zuerst essenden Gäste bestimmt waren, bestanden aus
Kuchen von weissem, feinem Teffmehl, die unteren dagegen
waren von schwärzlichem Mehle bereitet. Ausser-
dem wurden noch Töpfe mit Brühe von rothem spanischem
Pfeffer gebracht, in welche man das Brod beim Essen
tunkte, und zwei Yiertheile eines frisch geschlachteten
Schafes. Mit diesen wenigen Gerichten wurden sämmtliche
Gäste bewirthet. Der Gouverneur nahm am Mahle nicht
Theil, sondern sah demselben nur von seinem Ruhebette
aus zu. Getana Meriam und ich erhielten unsere Speisen
auf einem besondern Tischchen aufgetragen; diese selbst
waren aber in nichts von denen der ändern Gäste verschieden.
Ausserdem wurden noch insbesondere zwei Bedienten
bei uns aufgestellt, deren einziges Geschäft es
war, die dünnen Brodkuchen mit Fleischstücken zusammen
-zu rollen, sie in die Pfeffer-Sauce einzutauchen und
dann uns in den Mund zu stopfen; denn es ist nach der
abyssinischen Etiquette ein Zeichen von vornehmem Stande,
wenn man beim Essen die Hände nicht bewegt, und nur
mit dem Munde thätig ist, um die von einem Fremden
eingestopften Bissen hinunterzuschlucken. Die übrigen
Tischgenossen, von welchen, wie es schien, keiner einen
besonders ausgezeichneten Rang hatte, bedienten sich
selbst. Derjenige, welcher ein Gericht aufträgt, unterlasst
es nie, den ersten Bissen davon vor den Gästen zu essen,
um zu beweisen, dass die Speisen nicht vergiftet sind.
Das Schaffleisch ward hier, wie in Tackeraggiro, in unserer
Gegenwart ein Paar Minuten über die Feuerflamme
gehalten. Als der Gouverneur glaubte, dass die Gaste
genug genossen hätten, gab er ein Zeichen, und nun
wurden die um die Tische Sitzenden auf eine nicht gerade
höfliche Art durch die Hausbedienten genöthigt aufzustehen,
und das von ihnen übrig Gelassene von den Bedienten,
welche ihre Plätze sogleich einnahmen, aufgezehrt.
Da man bemerkte, dass ich keinen meiner Leute mitgebracht
hatte, so schickte der Gouverneur einen Boten in
mein ziemlich entlegenes Quartier, um einen meiner
christlichen abyssinischen Diener herbei zu holen, der
nun ebenfalls in meiner Gegenwart das, was auf meinem
Tische übrig geblieben war, rein aufzehren musste.
Als ich während des Essens zufällig etwas Salz verlangte,
brachte man ein drei Fuss langes Horn einer Antilope
strepsiceros, in dessen oberes Ende ein verschliess-
bares Loch gemacht war, durch welches das im Horn befindliche
Salz in dünnem Strahle herauslief. Nach der Mahlzeit
wurde ein Korb mit Glasflaschen (Berille) und Hornbechern
(Wangia) und ein grösser Topf mit Hydromel
(Chamer) nebst Gerstenbier (Tetscli) gebracht, wovon
das Erstere für die vornehmen Gä&te, das Andere füi die
von geringerem Range bestimmt war. Der Hausherr zeigte
jedesmal an, wem ein Trunk dargereicht werden sollte;
und dieser stand dann auf und verbeugte sich zum Dank
ehrerbietig gegen ihn. Hat Jemand genug getrunken, so
stehet es in seinem freien Wollen, das in seiner Flasche übrig