
könne; und da ihn der rohe Fabiükationsstoff gewisser-
massen nichts koste, indem zu dessen Anbau die Landleute
gleichfalls gezwungen würden, — so handele es sich
bloss um die Auslage für die erste Einrichtung der Fabriken
und für ihre fortwährende Vervollkommnung durch die Anwendung
jeder neuen Verbesserung, welche letztere aber
freilich auch öftere Abänderungen und zuweilen ganz neue
Anlagen nothwendig mache. Namentlich demonstrirte man
dem Pascha beständig vor, dass man in Egypten mit der
Zeit bedeutend wohlfeilere Fabrikate liefern könne, als
in irgend einem Theil von Europa, weil ja der erste
Fabrikationsstoff hierhin immer erst von Egypten oder sonst
einer fernen Gegend her eingeführt werden müsse, und
somit durch die verschiedenen Transport- und Lagerungskosten
sehr vertheuert werde. Solche Theorien und Schlüsse
bestimmten den Beherrscher von Egypten, einen grossen
Theil der von seinen Unterthanen erpressten Bodenpro-
ducte in verschiedenerlei Fabrikanstalten zu verschwenden,
deren finanzielles Resultat theilweise gleich beim Beginnen
nach dem Maasstabe vorausberechnet wurde, dass ja schon
das zu verarbeitende rohe Material nicht aufseinen effectiven
Handelspreis zu stehen komme ,und desshalb ein sehr wohlfeiles
Fabrikat erzeugt werden könne.
Ein anderes, ganz unerhörtes Mittel, einen Theil dieser
neuen Fabriken in Aufschwung zu bringen, bestand
darin, dass man die vorhandene Industrie des Landes gewaltsam
vernichtete, indem man unter den härtesten Strafen
den Eingebornen verbot, rohe Producte für eigene
Rechnung zu verarbeiten: ein Verbot, das sich namerit-
lich auf die Baumwolle bezog. AVer wird es für möglich
halten, dass in einem Lande, wo jährlich 600,000 Centner
Baumwolle erzeugt werden, kein einziger Bewohner sich
sein eigenes Hemd spinnen darf! —und doch ist diessjetzt
in Egypten der Fall. Es versteht sich von selbst, dass kein
Privatmann das Recht hat, irgend eine Fabrik für eigene
Rechnung anzulegen, was übrigens auch schon desshalb me
unternommen werden würde, weil sich Niemand die rohen
Stoffe zu einem Preise verschaffen könnte, der es ihm möglich
machte, mit den Producten der Regierungsfabriken zu
concurrir en.
Einen freilich nur partiellen, aber sehr merkwürdigen
Maasstab zur Beurtheilung des Werthes der durch Mehemet
Ali in Egypten eingeführten Fabrikation liefert das Resultat,
welches die Leinenwebereien vor einigen Jahren hatten.
Der egyptische Hanf ist von vortrefflicher Qualität, aber
seine Verarbeitung im Lande selbst ist und bleibt schlecht;
grosse Partien der in des Pascha’s Fabriken gefertigten Linnen
wurden zum Verkauf nach Livorno und ändern europäischen
Häfen verschickt, wo sie aber so wenig brauchbar
befunden wurden, dass in Livorno zu Anfang des Jahres 1834
der rohe egyptische Hanf fast eben so theuer verkauft wurde,
als ein gleiches Gewicht von dieser Leinwand! Noch lächerlicher
ist die egyptische Fabrikation einiger anderen Gegenstände.
AVas soll man zu den Eisenschmelzen von Boulak
bei Cairo sagen, in welchen eiserne Kanonen gegossen werden,
zu denen das rohe Metall von dem Auslande, die Steinkohlen
aus England, sämmtliche Maschinen und die Werkleute
aber aus ändern Theilen Europa’s verschrieben wurden,
und die desshalb so übertheuer fabricirt werden, dass
man scherzweise sagt, es könnten für dieselbe Summe Kanonen
von Silber verfertigt werden ! Dass es für jedes Land
eine eigenthümliche Art von Industrie gibt, daran dachte
man in Egypten nicht; man legte blindlings die verschiedenartigsten
Fabriken an, und suchte sie d a n n , selbstbei dem