
eben so viel junge Frauen als Krieger; diese Frauen
müssen gleich Lastthieren das sämmtliche Gepäck und die
Lebensmittel transportiren, und stehen somit, als ein lebendiger
Beweis des gänzlichen Mangels an eigentlicher Civilisation,
in demselben sklavischen Dienstverhältniss zu ihren
Männern, wie die Frauen der wilden Volksstämme von
Nord-Amerika. Die Soldaten hielten mich wegen meiner
hellen Hautfarbe und meines langen Bartes für einen aus
Egypten kommenden Priester, und einige von ihnen kamen
desshalb auf mich zu und verlangten ohne weiteres, dass
ich ihnen aus ihrer flachen Hand wahrsagen sollte.
Nachdem wir 2l/ 2 Stunden fortwährend sanft abwärts
gegangen waren, gelangten wir zu dem Flecken A nget-
kat, der in neuerer Zeit eine der gewöhnlichen Residenzen
der Befehlshaber der ganzen Provinz Simen ist, und
in welchem damals auch der Stellvertreter des in Tigré
befindlichen Detjatsch Ubi wohnte. Wir begaben pns gleich
nach unserer Ankunft zu diesem Manne, der den Titel
Schellika Getana*) führt, um ihn zu bitten, ein Obdach
für uns und unser Vieh anzuweiseri. Wir fanden ihn auf
einer kleinen Anhöhe in einiger Entfernung von dem Orte,
inmitten einer grossen, in weitem Kreise ihn umgebenden
Menge Menschen, damit beschäftigt, Rechtshändel
abzuurtheilen. Man bedeutete uns, in der vordersten Reihe
des Kreises uns auf die Erde niederzulassen; und Gott
weiss, wie lange wir hier hätten warten müssen, bis es
seiner Excellenz gefällig gewesen wäre, unser Anliegen
anzuhören, wäre uns nicht ein starker Platzregen zu Hülfe
gekommen,' der alle Anwesenden zur schleunigen Heimkehr
nöthigte. Nun wurde uns durch eine Ordonnanz ein
*) Gleichbedeutend mit Hauptmann per Excellenz.
geräumiges, unbewohntes Haus angewiesen, welches am
äussersten Ende des Ortes lag, früherhin, so wie alle benachbarte
Hütten dieses Quartiers, von den jetzt in Tigré befindlichen
Soldaten bewohnt war, seitdem aber einer Viehherde
zum Nachtlager gedient hatte; es war voller Unflath, und
beim Eintritt überfielen uns harpyenartig Legionen von
ausgehungerten Flöhen. Doch freuten wir uns bei dem ,
ström weise herabstürzenden Regen, hier unsere Person
und die halbdurchnässten Effecten einigermassen unter Obdach
gebracht zu haben.
§. 15.
Aufenthalt in Simen.
Die Provinz Simen, vermuthlich die bergigste und
zugleich die am höchsten gelegene von ganz Abyssinien,
wird im Norden und Osten vom Takazze-Strom begrenzt,
welcher es auf dieser Seite von den Districten Wagg und
Avergale, auf jener von Zana und Schire trennt. Im
Westen grenzt Simen an W aldubba und an die zu Wal-
keit gehörigen Districte von T a k a d e , N e k a rit und
Ja n w o ra ; nach Südwesten zu stösst es an die Provinz
Dembea; im Süden endlich berührt es die Districte B eile
se n und Manua, welche bald zur Provinz Lasta, bald
zuB egem der gerechnet werden. Die so begrenzte Landschaft
welche die Abyssinier mit dem allgemeinen Namen
Simen bezeichnen, wird von den Eingebornen wieder in
folgende Districte abgetbeilt: in das eigentliche Simen,
welches die zwischen dem Eam alm on, H aw asa, S elk i
und B elleg as liegenden Hochgebirge begreift^ den um
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