
lungen und nur eine viertel Stunde von Aftö entfernt,
finden sich die Ruinen des ehemaligen Emporiums Ad u-
lis, welche noch heut zu Tage von den Eingebornen
Adule genannt werden. Hier liegen auf der Nordseite eines
breiten, trocknen Strombettes, das von Süd-Westen her
kommt *), viele Schutthaufen von Wohnungen, die alle
von kleinen, unbehauenen Lavasteinen erbauet wayen, und
einen Flächenraum von beiläufig fünfhundert Schritten in
ostwestlicher Richtung einnahmen. Sie sind ganz und gar
zertrümmert. Ungefähr in der Mitte der Schutthaufen liegen
die Trümmer eines grösseren Gebäudes, das höchst
wahrscheinlich eine christliche Kirche gewesen war. Hier
finden sich, auf einem Raume von sechszig Fuss im Quadrat,
mehrere Aufsatzstücke viereckiger Säulenschäfte mit
je sechszehn bis zwanzig Canellaturen; die Capitäle, gleichfalls
viereckig, bestehen aus einem dicken, neun Zoll hohen
und eineinhalb Fuss im Quadrat haltenden Steine, welcher
an jeder Seite zehn Hohlkehlen hat und eine etwas breitere,
zwei Zoll dicke Platte trägt: Alles bestehet aus Lava.
Den Plan des Gebäudes oder auch nur die genaue Zahl
der Säulen aufzufinden, war nicht möglich, von Capitälen
zählte ich fünf **). Von Bildhauerarbeit oder Inschriften
war keine Spur zu entdecken, und die Bewohner der Gegend
versicherten mich auf das Bestimmteste, dass ihnen
*) Es ist der Abfluss des Wassers im Thale Oha, von welchem
ich bei meiner Reise nach Halai sprechen werde.
**) Pearce berichtet (Vol. 2. pag. 297 seiner Lebensbegebenheiten),
dass Naib Idris die Säulenschäfte, welche jetzt noch auf dem Landungsplätze
Gerar, nördlich von Massaua, eingemauert sind, von den
Ruinen von Adule habe holen lassen; ich bezweifle diess sehr und glaube
vielmehr, dass dieselben aus den Ruinen des alten Saba herstammen,
das, wie ich vermuthe, bei jenem Landungsplätze lag.
von so etwas nichts bekannt sey; vielleicht dürften dessen
ungeachtet hier einst die berühmten adulitischen Inschriften
wieder aufgefunden werden. Südöstlich von den Trümmern
jenes Gebäudes liegt ein grösser Begräbnissplatz, auf
welchem die Gebeine eines berühmten mahommetanischen
Heiligen ruhen; alle meine Begleiter gingen barfuss dahin,
um Gebete zu verrichten, indem sie mir erklärten, dass
ich ihnen nicht folgen dürfe, weil ich als Christ diese heilige
Stelle entweihen würde. Ich liess sie allein gehen,'
um nicht ihre abergläubische Seele in Aufregung zu bringen,
da ich später noch astronomische Beobachtungen zu
machen hatte, die ohnehin Misstrauen erwecken und leicht
an irgend einen mysteriösen Grund glauben machen konnten.
Diese Beobachtungen beschränken sich auf eine Suite
von Circummeridian-Höhenmessungen der Sonne, welche
im Dorfe Afte gemacht und dann auf den Tempel von
Adulis reducirt wurden, und denen zufolge die geographische
Breite des Letzteren 15° 15' 44" beträgt.
Es wird den Leser wohl befremden, dass die Ruinen
von Adulis so wenig Erhebliches enthalten, und dass dieselben,
obgleich diese Stadt ein Handelshafen war, doch
so weit von der Meeresküste entfernt liegen. Was das
Letztere betrifft, so wüsste ich, ausser der Annahme einer
Erhebung der Küste durch vulkanische Kraft, keinen genügenden
Grund dafür aufzufinden, denn die Anschwemmungen
eines nur sehr selten mit Wasser gefüllten Stromes,
dessen Bette sich in der Nähe befindet, könnten
unmöglich in dem Zeiträume von dreizehn Jahrhunderten
eine Fläche gebildet haben, welche jetzt in einer Ausdehnung
von mehr als einer Stunde zwischen den Ruinen
und dem Meeresufer liegt. Der Mangel an Spuren von
grösseren Gebäulichkeiten aber wird weniger b efremden