
Aufenthalt in Ategerat, und Reise von da nach
dem Takazze.
Zu Ategerat*), wo wir am 26. Mai bei guter Zeit
anlangten, fanden wir den Schweizer-Missionar, Herrn
Sam uel G o b at, und seinen Begleiter, den Tischler
C h ristia n A ic h in g e r aus Heilbronn, die eigens von
Devra Damo anher gekommen waren, um mich auf der
Durchreise zu begriissen. Nach der Niederlage und dem
Tode des Detjatsch Sabagadis im Februar vorigen Jahres
hatten diese beiden Männer sich von Adowa geflüchtet, und
waren seitdem beinahe beständig in dem wegen seiner
Lage für uneinnehmbar gehaltenen Kloster Devra Damo
gewesen. Hier waren sie in Sicherheit, während alle benachbarten
Provinzen Abyssiniens durch schreckliche Anarchie
sich in einer vollkommenen Zerrüttung befanden. Eben
jetzt war die Nachricht eingelaufen, dass Detjatsch übi
von Simen, der in der letzteren Zeit in Adowa gelagert
gewesen war, gegen Agame in Anmarsch sey, und sich
bereits ganz in der Nähe eines unbesetzten Engpasses
befände, durch welchen man von Westen her in diese Provinz
gelangt. Einem Eindringen in dieselbe stand also
nichts im Wege, zumal da Detjatsch Oeled Michael mit
seinen Soldaten drei Tagemärsche von hier entfernt, war,
um seinen eigenen, auf einem festen Berge verschanzten
*) Nach Salt (Yalentia’s Reise Vol. 3, pag. 189) heisst Ade oder
Ate im Abyssinischen Stadt oder District, daher Ategerat soviel als
die Stadt von Gerat bedeutet.
Oheim S aghedu, einen Verbündeten von Ubi, zu belagern.
Eine grosse Muthlosigkeit ergriff bei jener Nachricht
nicht allein die Bewohner der Provinz, sondern
auch meine ganze Reisegesellschaft. Unser Lagerplatz
befand sich auf offenem Felde zwischen einigen isolirten
Sandsteinfelsen, und wir waren desshalb auf allen Seiten
dem Angriffe preis gegeben; und zwar hatten wir uns nicht
allein vor den anrückenden Feinden, sondern namentlich
auch von dem sich zurückziehenden Kriegsvolke der Umgegend
selbst zu fürchten. Ich machte den Vorschlag,
dass wir unser Lager auf einen kleinen, zehn Minuten
südöstlich gelegenen befestigten Felshügel, A m baN ebi,
verlegen sollten, um uns hinter den daselbst befindlichen
halbverfallenen Mauern wenigstens gegen den ersten Angriff
zu vertheidigen; man entgegnete mir aber , dass wir zu
kärglich mit Lebensmitteln versehen seyen, und dass, wenn
wir dort einige Tage eingeschlossen würden, namentlich
unsere Maulthiere durch Mangel an Futter ganz entkräftet
werden würden. Der ganze Tag verstrich in Berathungen,
ohne dass wir zu einem Entschluss kommen konnten.
Ich fragte desshalb bei dem Missionar Gobat an, ob ich
mich nicht mit meinem Eigenthum in seine steinerne Wohnung
zurückziehen könne, wo wir gemeinschaftlich uns
wenigstens eine Zeit lang gegen Plünderung schützen könnten;
dieser aber erwiederte mir, dass gewiss ein grösser
Theil seiner Nachbarn schon lange auf die bestimmte
Anzeige des Herannahens der feindlichen Truppen harre,
um ihn auszuplündern, dass er daher auf die von mir vorgeschlagene
Vertheidigung nicht eingehen könnte, indem
diess diese ihm theilweise befreundeten (!) Leute nur reizen
würde, und dass er überhaupt wohl überlegen müsse,
was seiner Stellung angemessen sey. Dieser sonderbaren