
durch die in der letzten Zeit geführte Lebensweise und namentlich
durch die Entbehrungen, zu denen ihre zuletzt
nicht mehr ausreichenden pecuniären Mittel sie nöthigten,
für die Einwirkung epidemischer Krankheiten ganz besonders
empfänglich. Aerztliche Hülfe fehlt natürlicher Weise
gänzlich, und würde auch wegen der religiösen Vorurtheile
wenig helfen. Wegen aller dieser Umstände glaube ich ohne
Uebertreibung annehmen zu können , dass jährlich wenigstens
ein Zehntheil der Pilger während der Wallfahrts-
Reise dahinstii'bt.
x Es ergibt sich aus den vorhergehenden Bemerkungen,
dass ein europäischer Reisender zum Befahren des rothen
Meeres in einem arabischen Schiffe immer diejenige Zeit
des Jahres auswählen wird, in welcher der Hin - oder Rückzug
der Pilger nicht statt hat, das heisSt, dass er seine
Fahrt wo möglich ausserhalb der, drei und einen halben
Monat umfassenden Zeit vom arabischen Monat Ramadan
an bis nach dem grossen Bairamsfeste, zu machen suchen
wird. Im Jahr 1831 begann der Monat Ramadan in der
Mitte Februars; ich beschloss daher, die mir wegen jenes
Umstandes bis zum Juni übrige Zeit zu einer Excursion
in die höheren Berge des peträischen Arabiens zu verwenden,
deren merkwürdigste Puncte ich durch barometrische
Messungen zu bestimmen wünschte, da diess sonderbarer
Weise bis dahin noch nie versucht worden war. Ich
liess mein für die Reise nach Abyssinien bestimmtes Gepäck
in Souez zurück, und schiffte in einem kleinen Fahrzeuge
nach Tor, dem bekannten Hafenplatze am Fusse des Sinai,
über. Gleich beimeiner Ankunft daselbst (1. Mail831) vernahm
ich, dass vier Tage zuvor ein unter englischer Flagge
segelndes grosses indisches Schiff an den an der egyptischen
Küste etwas südlich von Tor gelegenen Klippen gescheitert
sey. Es befanden sich auf demselben 700 nach Djetta reisende
Pilger, welche überzufahren dem Schiffscapitain aus
besonderer Vergünstigung erlaubt worden war, obgleich er
erst kurz zuvor in Souez angekommen war, und die Schiffe
mit Pilgern, wie oben bemerkt ward, eine gewisse Reihenfolge
beobachten müssen. Das Schiff hatte nicht mehr flott
gemacht werden können, und war nach einigen Tagen -von
den Wellen zertrümmert worden; die ganze Mannschaft und
die Passagiere hatten sich auf die nahgelegene kleine
Insel Gesum gerettet, wo sie, bis Hülfe kam, durch Mangel
an Trinkwasser viel leiden mussten. Die meisten auf diesem
Schiffe befindlichen Pilger mussten die Wallfahrt aufgeben,
da nach diesem Unfall die Kürze der Zeit es ihnen unmöglich
machte, zum grossen Bairamsfeste nach Mekka zu kommen,
und nur die Mitfeier dieses Festes in der heiligen Stadt
desPropheten dem rechtgläubigen Mahommetaner dasRecht
gibt, den Titel eines Hadgi zu führen. Der erlittene Schiffbruch
war übrigens ein Glück für diese Pilger, indem sie
dadurch der Cholera entgingen, welche damals, wie ich im
nächsten Abschnitt berichten werde, unter den in Mekka
zusammengedrängten Menschen so verderblich wüthete. Für
mich hatte jener Schiffbruch die unangenehme Folge, dass
alle Fischer der Umgegend, welche sämmtlich dem Volksstamme
der Tehmi angehören *) , mit ihren kleinen Fahrzeugen
nach der Insel Gesum fuhren, und daselbst mehrere
Wochen verweilten, um von den Trümmern des Wracks
so viel als möglich zu retten.
Bei den den Arabern gehörigen Schiffen, welche das rothe
Meer befahren, ist folgender sonderbarer Gebrauch einge-
_ *) Siehe über diesen Volksstamm die in meiner Reise im peträisciien
Arabien pag. 195 gegebenen Nachrichten.