
Hand abgeschlagen hatten, weil beide Arten von Verstümmelung
sie zum Militairdienst untauglich machen.
Im Frühjahr 1824 war das Landvolk von Oberegypten
durch die drückenden Auflagen und die verhassten Rekru-
ten-Aushebungen so sehr erbittert, dass es zu einem allgemeinen
Aufstande kam, der nichts weniger bezweckte, als
alle Türken aus dem Lande zu jagen, und alle Europäer in
Egypten zu vertilgen; weil man diesen die directeV eranlas-
sung zu allen in den letzten zehn Jahren eingeführteh
Neuerungen zuschrieb. Ein gewisser Scheik Ali aus der Umgegend
von Kenne, der sich eines religiösen Lebenswandels
befleissigte, stand an der Spitze dieser Empörung, welche
um so bedenklicher wurde, weil ein Theil der regulairen
egyptischen Soldaten zu den Rebellen überging. Es wehete
die Fahne des Aufruhrs über die ganze Landstrecke vom
zweiten Wasserfall des Nils bei Wadi Haifa an bis in die
Umgegend der Stadt Girge in Oberegypten. Mehemet Ali
raffte in aller Eile die ihm zu Gebot stehende türkische Reiterei
zusammen, und schickte sie in Masse gegen den Sitz
der Rebellen ; die schlecht berathenen Landleute begingen
den unbegreiflichen Fehler, sich diesen ungestümen Soldaten
im flachen Lande bei Kenne entgegen zu stellen.
Der Ausgang dieser Schlacht konnte nicht zweifelhaft seyn,
sie endete mit einer gänzlichen Niederlage der Bauern. Eine
grosse Metzelei war das Loos der Besiegten, und die Empörung
hatte nur dazu gedient, die wahren Gesinnungen
zu erkennen zu geben, welche die Masse des Volks gegen
Mehemet Ali hegt; um diese kümmert der Pascha sich aber
wenig oder gar nichs.
Ibrahim Pascha’s Krieg in der Morea, wohin derselbe
im Jahr 1825 mit einem starken Truppencorps abging, die
Verwüstung jenes Landes und die von denEgyptern unter
den Griechen angerichteten Verheerungen sind allzu bekannt,
und bedürfen desshalb hier keiner specielleren Erwähnung.
Das höchst zweideutige Benehmen dieses Feld-^
herrn veranlasste übrigens grösstentheils die Seeschlacht von
Navarin, bei welcher Gelegenheit er für seine Verrätherei
von den Siegern viel zu glimpflich behandelt wurde. Der
mit Ungeheuern Opfern in der Morea geführte Krieg hatte
für Mehemet Ali selbst das Resultat, dass ihm die europäischen
Mächte eine grosse politische Bedeutung zuerkannten,
obgleich er nach meinem Erachten wenigstens damals
keine Ansprüche auf eine solche Meinung machen konnte.
Uebrigens war dieser Feldzug ausserdem auch für seine
Truppen eine gute Schule. Durch Beide ward Mehemet
Ali seinem ersehnten Ziele, dem schon so lange beabsichtigten
Abfalle von der Pforte, näher gebracht.
Mehemet Ali hatte durch Kriegsrüstungen, die mit Egyp-
tensFinanzenin einem allzu grossen Missverhältnis standen,
und durch noch manche andere, schlecht berechnete Ausgaben
die Geldkräfte seines Landes so sehr erschöpft, dass
er seine Blicke auf andere Provinzen werfen musste, um
die Summen zu erpressen, die zur Befriedigung der Pforte
nöthig waren. Schon lange lockte ihn in dieser Beziehung
der Wohlstand von Syrien an, und er hatte sich daselbst
bereits unter der Hand einen Anhang zu verschaffen gesucht,
um der dereinstigen gewaltsamen Besitznahme dieser
wichtigen Provinz vorzuarbeiten. So hatte er den Emir der
Drusen, Scheik Bischir, während seiner Vertreibung aus
Syrien'freundlich bei sich aufgenommen und beschützt, und
ihm zur Wiedererlangung seiner Herrschaft in den Bergen
des Libanon die nöthige Geldhülfe geleistet. Auch hatte
er dem gegen die Pforte empörten Pascha von Acka (St.
Jean d’Acre), dem seither durch die Verteidigung dieser