
meine Lastthiere zu kaufen, und ich fand es daher bei
weitem besser, einige Diener der Gondarer Kaufleute zu
verhältnissmässig hohen Preisen als Träger zu miethen
und mieh dadurch aller Sorgen für die Lebensmittel zu
entheben.
Auch am 24. Juni stiegen wir fortwährend über Sandsteingebirge
und in nordwestlicher Richtung bergan. Die
Gegend scheint hier beinahe unbewohnt zu seyn; sie hat
keine Spur von Cultur, und man sieht nichts als wilde
Felsmassen, die mit Dorngesträuch bewachsen sind. Nach
anderthalb Stunden fiel der Weg stark ab bis zu dem Ufer
des Ataba-Stromes, welcher westlich von den Schneegebirgen
Simens herabfliesst und dem Takazzö zurauscht.
Dieses Gewässer ist das ganze Jahr hindurch sehr reissend,
und hat etwa dreissig Fuss Breite und zwei und einen halben
Fuss mittlere Tiefe; sein Bette ist voll von vulkanischem
Fels gerölle von mitunter ungeheuerem Volumen. Wir durchwateten
den Strom, und gingen dann längs seines Bettes,"
bald auf dem einen, bald auf dem ändern Ufer fortwährend
bergauf. Das ganze Thal bis an den Fuss der Schneegebirge
führt einen und denselben Namen mit dem Strome
und ist meist eng; die Wände desselben sirfd mitunter sehr
steil und theils beholzt, theils mit Weidegras anmuthig
bewachsen; an ihrem Fusse, längs des Ufersaumes liegt
ein üppiger Wiesengrund. Eine Stunde von unserm ersten
Zusammentreffen mit dem Ataba-Strome lagerten wir uns
an dessen schäumender Fluth, die bald darauf in Folge
eines Gewitterregens sehr anschwoll, wegen des starken
'Gefälles aber in kurzer Zeit wieder abnahm. Südlich von
unserm Lagerplatz, in einer directen Entfernung von nur
zwei Stunden, erhoben sich über die horizontal geschichteten
Sandsteinberge, beinahe senkrecht bis in die Wolkenregion,
die drei dicht zusammenstehenden pyramidali-
schen Vulkanzacken G enem fera, deren ich bei Gelegenheit
des Ortes Tackeraggiro erwähnte (pag. 372.). Das
Thal fing nun an die Spuren von naher menschlicher Bevölkerung
zu zeigen, indem auf den Grasplätzen der Abhänge
schöne Herden von Ziegen und Rindvieh sichtbar
wurden. Diese werden, wie ich hörte, oft von Hyänen und
Leoparden beunruhigt. Mehrere Eingeborne, welche uns
hier besuchten, hatten statt der Schafpelze Felle des letzteren
Thieres über den Schultern hängen.
Im Laufe des Tages gingen lange Züge von Trägern,
die mit Steinsalz und Gerste beladen waren, an uns vorüber.
Ersteres wurde von Temben aus auf die Märkte von
Simen verführt, Letztere aber a l s Rückladung eingetauscht,
um es in den durch Krieg verheerten Provinzen östlich
vom Takazze zu verkaufen. Die Träger von Salz, deren
jeder im Durchschnitt für einen Species-Thaler an Werth,
d. h. beiläufig fünfzig Pfund trägt, haben keinen Zoll zu
entrichten, während der Transport dieser Waare durch
Esel besteuert ist. — Die schönen Weiden der hiesigen Gegend,
die unseren entkräfteten Lastthieren sehr zu Statten
kamen, und die Möglichkeit eines vortheilhaften Einkaufs
von Lebensmitteln bewogen uns, den ganzen folgenden
Tag (25. Juni) hier zu bleiben. Zu auffallend hohem Preise
wurden hier einige von den Handelsleuten mitgebrachte
Tauschartikel umgesetzt; für einhundert und zwanzig grobe
Nähnadeln z. B. erhielten wir Mehl und Gerste im Werth
von einem Thaler, wiewohl freilich in allem nur zweihundert
Nadeln abgesetzt wurden. Was mir hier in geographischer
Hinsicht von den Eingebornen berichtet wurde,
werde ich weiter unten bei der Beschreibung der Provinz
Simen überhaupt mittheilen.