
wenn man an die Hauser des Hafens Massaua denkt, welcher
in der jetzigen Zeit ungefähr dieselbe Rolle im Handel
spielt, wie einst Adulis.
•Die Nachricht’■ von meiner Ankunft zu A ftd hatte
einige Beduinen der Umgegend veranlasst, eine Art von
Treibjagen auf die in den dortigen Niederungen in dieser
Jahreszeit ungemein häufig vorkommenden Antilopen zu
machen; und gleich am .ersten Abend ¡iberbrachten sie mir
sechs Stück der grossen Art, welche ich unter dem Namen
Antilope Sömmerringii beschrieben habe. Leider waren alle
für naturhistorische Zwecke wenig brauchbar, indem die Be?
duinen ihnen fast den ganzen Hals abgeschnitten hatten, um
sie nach den Vorschriften des mahommetanischen Gesetzes
zu schlachten. Die Art, wie diese Antilopen hier eingefangen
werden, ist eigenthümlich. In der Mitte der Ebene,
in einem Bezirk, wo diese Thiere regelmässig gegen-Son-
nen-Untergang ihren Wechsel haben, legen die Jäger um
fünfzig Schlingen, die an Pfählen befestiget werden; sobald
nun die Antilopen kommen, laufen von verschiedenen
Verstecken her einzelne Leute herbei, von denen jeder
eine Menge kleiner, mit einem Büschel Straussenfedern
versehener Stöcke hat; diese werden mit grösser Schnelligkeit
so in die Erde gesteckt, dass sie länge, nach der
Gegend der Schlingen gerichtete Linien bilden; der Antilopen
ganze Aufmerksamkeit wird von den von der Luft
bewegten Federn in Anspruch genommen, die sie mit
zweifelhaftem, scheuem Blicke, fixiren. Sind die Linien in
gehöriger Länge abgesteckt, so beginnt das Treibjagen;
das Wild sieht zum Entkommen keine freie Stelle als die
Gegend der Fallstricke und eilt dahin; gewöhnlich bleiben
mehrere der Rudels in denselben hängen, und hier schlagen
ihnen dann die Jäger augenblicklich mit Knüppeln
die Beine entzwei und schlachten sie nachher. Auf dieselbe
Art werden hier auch die Strausse gejagt, wenn sich
deren viele in der Umgegend aufhalten, und ein gehöriger
Verkäufspreis der Federn zu ihrer Jagd aufmuntert.
Von den Gazellen wird das Fleisch als Speise und die
Haut zur Verfertigung von Ledärschläuchen benützt.
Die Rückreise von Aftd nach Massaua machten wir auf
dem früheren Wege; mein Neger aber, den ich in jenem
Dorfe, zurückliess, bis die Gazellenhäute gehörig ausgetrocknet
waren, ging an der Ostseite des Berges Ged am
her. Er fand, dass hier zwischen dem Ufer und dem Fusse
des Gebirgs durchaus eine, etwa eine Stunde breite Fläche
sey; ganz anders ist dieser Küstenstrich auf der angeführten
Karte Salt’s (Taf. 34.) dargestellt.
Während ich mich auf Dahalak befand, war zu Massaua
die längst erwartete, grosse Handelskaravane von
Gondar angekommen, welche diessmal besonders zahlreich
war, weil die politischen Unruhen mehrere Monate lang
jeden Verkehr mit dem Innern des Landes unterbrochen
batten. Selbst jetzt noch hatte ein Theil dieser Karavane
die gewöhnliche Handelsstrasse über den Lämalmon und
Adowa vermieden, und die Reise auf dem sehr beschwerlichen
Wege über Simen und Agame gemacht. Ich lernte
unter den Angekommenen bald einen der angesehensten
Kaufleute von Gondar Namens Getana Meriam kennen *),
der sich durch Gewandtheit des Geistes, Beredtsamkeit und
religiöse Heuchelei über die ändern T.heilnehmer an der
Handelskaravane eine gewisse Suprematie erworben hatte,
*) Das Wort Getana ist eigentlich nur eine Höflichkeitsformel,
welche dem deutschen „Herr von“ entspricht. Der Missionair Gobat
schreibt dieses Wort Kidane; ich weiss nicht, welches das richtige ist.