
Geschlechts in ganz Abyssinien um den Hals trägt, um sich
von den Mahopimetanern zu unterscheiden, sieht man auch
bei allen Einwohnern. Hie Weiber sind jeden Tag, den
nicht der Aberglaube zu einem Feiertag stempelt, ununterbrochen
beschäftiget, und zwar theils mit häuslichen
Arbeiten, wie Mehlreiben, theils mit Baumwollenspinnen;
die Mädchen haben das Holz für die Haushaltung einzusammeln
und von der ziemlich fernen Quelle Wasser zu
holen. Her Feiertag-e gibt es übrigens in Abyssinien so
viele, dass sie zusammen wohl die Hälfte des Jahres einnehmen;
sie sind in Verbindung mit der grossen Menge
von Fasttagen als eine wahre Landplage anzusehen. Ich
werde auf Beide später zurückkommen.
Um Halai wird ziemlich viel Land zum Ackerbau
benutzt; die Ernte ist aber nicht ergiebig, da man nachlässiger
Weise die vielen auf dem Felde zerstreut liegen-
den Steine nicht wegnimmt, und hier, wie in ganz Abyssinien,
Grundstücke niemals gedüngt werden; daher muss
denn auch fast jeder Acker ein Jahr um’s andere brach
liegen, und von mehr als einer jährlichen Bebauung kann
natürlich nirgends die Rede seyn. Man baut übrigens hier
nichts als Gerste an. Her Pflug (Achras) ist eine lange
Baumstange mit zwei kurzen, an dem einen Ende ange-
brachten verticalen Hölzern, die als Pflugschar dienen,
und von denen eins mit Eisen beschlagen ist; an dem
äussersten Ende befindet sich eine kleine Stange, vermittelst
welcher der Ackernde dem Pfluge die Richtung gibt; zwei
Ochsen ziehen diesen in wilder ungeregelter Bewegung.
Die Weideplätze sind nicht sonderlich gut, da sie nach
der Regenzeit ganz abtrocknen; dessen ungeachtet gibt
es in der Umgegend ziemlich viel Vieh. Hieses besteht
in Rindern, schwarzen Schafen, sehr schönen Ziegen, Eseln
und einigen Maulthieren, welche letztere bloss, um sie an
Reisende zu verkaufen, gezogen werden.
Bas Wort Halai bedeutet in der Amhara-Sprache so viel
als die Höhe, und der gleichnamige Ort hat also höchst wahrscheinlich
seinen Namen von seiner Lage erhalten, sowie wohl
von dem in jener Sprache so viel als Berg bedeutenden Worte
Tarara der Namen des Taranta-Gebirgs herkommt; obgleich
es auffallend ist, dass beide Wörter in dem hier durchgehends
gesprochenen Geez-Bialekte nicht gebräuchlich sind. Halai
liegt nach meinen astronomischen Beobachtungen, welche
Herr von Heiligenstein berechnete, unter 14° 59' 37" geographischer
Breite, so wie nach meinen sehr sorgfältigen
barometrischen Messungen 8093 französische Fuss über der
Meeresfläche. *) Hie höchste Bergspitze der Umgegend
schien mir der drei Stunden nach Süd-Ost zu (127y2° magnetischer
Azimuth) liegende Berg S ou-era, welcher sich
wohl tausend Fuss über Halai erheben dürfte. Hie Landschaft
nach Westen zu könnte man eine wellenförmige
Hochebene nennen; sie ist aber durch sehr viele tiefe Einsenkungen
wild zerrissen, und gewährt, durch gänzliche
Waldlosigkeit und durch Wassermangel ausgezeichnet, bei
einem ausgedehnten Horizont, einen zwar grossartigen,
aber keineswegs angenehmen Anblick. Nach Adowa hin
sind ziemlich scharf ausgezackte Bergkämme sichtbar, von
welchen jedoch keiner die Höhe von Halai erreicht. Her
ausgezeichnetste derselben, S e le ta genannt, welcher dicht
bei Adowa liegen soll, befand sich von hier unter einem
magnetischen Azimuth von 211%°, sowie die Berghöhe bei
S anafé, die in der Richtung unserer weiteren Reise lag,
unter einem von 168°.
*) Ich verweise desslialb auf die im zweiten Bande dieses Werkes
abgedruckte Abhandlung des Herrn Dr. Mädler in Berlin.