
dieser Felsmasse sichtbar. Nachdem wir anderthalb Stunden
zwischen grossen, losgerissenen Blöcken geklettert waren,
setzten wir auf der Nordseite der Hauptgebirgs-Masse ün-^
sern Weg in einer steilen Schlucht fort; das Gestein ist
hier ein schöner fleischfarbiger Feldspathporphyi\ mit
eingewachsenen hyazinthblauen und glasartig glänzenden
Quarzkrystallen; das regelmässige Streichen der einzelnen
Schichten war nicht genau auszumitteln; mehrere schienen
senkrecht anzustehen, aber überall lagen ungeheuere, wild
zerklüftete Felsblöcke unregelmässig neben einander; zwischen
ihnen wucherten sehr üppig einige wilde Feigenbäume
und Kapernsträuche. Der obere Theil des Serbal
gehet in fünf verschiedene Zackenspitzen aus, von welchen
die zweite, von Westen her gezählt, die höchste ist; ihr
zunächst liegt eine kleine Thalfläche mit einer dürftigen
Quelle; mein Führer hatte um dieselbe einige Weinreben
angepflanzt, die recht gut fortkamen. Er hatte mir vorausgesagt,
dass wir bei der Quelle vermuthlich die Fussspuren
eines Leoparden bemerken würden, und wir fanden auch
einige noch ganz frische Eindrücke der Tatzen dieses Tbie-
res, welche fünf Zoll Breite hatten; dieses Thier lebt von
Steinböckeri und von vereinzelten zahmen Ziegen, welche
der Wachsamkeit der Hirten entgehen. Wie es scheint, hat
sich jene Bestie vor mehreren Jahren vermuthlich von den
Gebirgen bei Akabaherindie Umgegend verlaufen; sie war
und blieb vereinzelt, brachte aber durch ihre Gefrässigkeit
den Hirten grossen Schaden, und noch glückte es keinem Beduinen,
ihr einen tödtlichen Schuss beizubringen. Nach der
vielen Losung zu urtheilen, ist die Zahl der Steinböcke
auf dem Serbal ziemlich gross, trotz der Jagd, welche dieser
Leopard unaufhörlich auf sie macht; das ziemlich häufige
niedere Gesträuch in mehreren Gegenden des Gebirgs bietet
ihnen reichliche Nahrung dar, und die Unwegsamkeit der
Felsmassen schützt sie gegen die Nachstellungen der Beduinen.
Zu den Feinden dieser .Steinböcke gehören auch
die Bartgeier (Gypaetos barbatus), von welchen wir mehrere
in der Luft umkreisen sahen.
Wir brauchten eine kleine halbe Stunde, um von der
Quelle aus bis zur höchsten Spitze des Berges zu gelangen,
die aus ungeheueren Porphyrblöcken bestehet; auf mehrere
derselben sind Inschriften in unbekannten Lettern und roher
Arbeit ein gern eiselt; sie sind den unzählig vielen ändern
Inschriften sehr ähnlich, welche sich an vielen Felsen des
peträischen Arabiens finden, und von denen Niebuhr, Burck-
hardt, ich selbst und mehrere Andere viele mitgetheilt haben,
die zu entziffern aber meines Wissens bis jetzt nicht
gelungen ist. Auf dem Gipfel des Serbalhabendie Beduinen
kleine Felssteine zu einer kreisförmigen Einfassung zusammengelegt,
und andere Steine sind von ihm aus an der abschüssigen
Felswand staffelartig angebracht, um das Heraufsteigenzu
erleichtern. Als wir zu jenem Steinkreise kamen,
zog mein Führer seine Sandalen aus, und näherte sich ihm
mit religiöser Ehrfurcht; er verrichtete sodann innerhalb
desselben ein Gebet, und erzählte mir nachher, dass er hier
bereits zwei Schafe als Dankopfer geschlachtet habe, das
eine bei Gelegenheit der Geburt eines Sohnes, das andere
wegen wiedererlangter Gesundheit. Der Berg Serbal soll
wegen des Glaubens an derartige Beziehungen desselben
bei den Arabern der Umgegend seit undenklichen Zeiten
in grösser Verehrung stehen, und er muss auch einst den
Christen in gewisser Hinsicht heilig gewesen seyn, da im
Thale auf seiner Süd-West-Seite die Ruinen eines grossen
Klosters und vieler kleiner Eremitenzellen liegen. Jedenfalls
macht die wilde, Zackenreiche Felsmasse des Serbal