
Nach demselben läuft der Weg längs der westlichen Seite
der Höhe, am Rande eines mehrere tausend Fuss steil
abfallenden furchtbaren Abgrunds einher; leider war gerade
jetzt der Himmel nach dieser Gegend hin sowie der
ganze Schlund mit dickem Nebel angefüllt, der sich immer
mehr verbreitete, und wir konnten desshalb erst am folgenden
Tag uns der unvergleichlich grandiosen Aussicht
von diesem Wege her erfreuen. Wir zogen zwischen der
Felswand und dem Abgrunde in südsüdwestlicher Richtung
weiter, und erreichten bald eine Art von Hochebene,
auf welcher sich mehrere stagnirende Wasserlaken befanden;
links vom Wege war die ganze felsige Höhe mit
Schnee bedeckt. Wir stiegen auf der sich neigenden Ebene
allmählich um sechshundert Fuss herab, und lagerten uns
nach ein und dreiviertel Stunden Marsch, von der Höhe
des Bergpasses an gerechnet, an einem wasserreichen Moorgrunde,
ohngefähr eine halbe Stunde südöstlich von dem
Flecken Sauana, der in der Tiefe des Thals einige tausend
Fuss unter unserm Standpunct liegen soll. Nur ein
sehr kleiner Th eil unserer Karavane gelangte an‘diesem
Tage bis hierher; man hatte viele Maulthiere an einigen
schwierigen Wegstellen abladen und die Lasten durch
Menschenhände weiter tragen lassen müssen, ja, mehrere
Maulthiere waren sogar als unbrauchbar auf halbem Wege
zurückgelassen worden. Wegen des dadurch veranlassten
Aufenthalts war die Mehrzahl der Gesellschaft noch auf
der Höhe des Bergpasses von einem dicken Schneegestöber
überfallen worden, und wagte es nun nicht, an dem zu
passirenden gefährlichen Rande des Abgrundes weiter zu
ziehen, sondern blieb daselbst und brachte vor Kälte und
Nässe halb erstarrend, bei gänzlichem Mangel an Brennmaterial,
eine äusserst traurige Nacht zu. Durch die Kälte
starben hier zwei Maulthiere und drei Esel, nachdem sie
ganz entkräftet und ausgehungert die Höhe erreicht hatten.
Die meisten Personen unserer Reisegesellschaft hatten
mehr oder weniger bedeutende Verluste zu ersetzen, und
alle bedurften der Ruhe und der Stärkung für die Besteigung
des vor uns liegenden Hauptberges, des B uahat,
dessen Gipfel sich in die Region des ewigen Schnees erhebt.
Wir beschlossen daher einige Tage hier zu verweilen,
da doch ein kleiner Durchgangszoll zu berichtigen
war, und die Nachbarschaft einiger volkreichen Ansiedelungen
in den südlichen und westlichen Thälern uns eini-
germassen zum Ankauf der nöthigen Lebensmittel Aussicht
gab. Somit blieben wir denn vom 2. bis 5. Juli hier
gelagert. Ich benutzte diese Zeit vor allem Ändern dazu,
die Höhe der Gegend barometrisch zu bestimmen. Das
Mittel der an den drei Tagen zu verschiedenen Tagszeiten
gemachten Beobachtungen 6ab für die absolute Höhe unseres
Lagerplatzes 11312 französische Fuss, wonach der Bergpass
Selki selbst eine Meereshöhe von 11900 französischen Fuss
haben muss. Dieser steile und nach oben zugeschärfte Felsenkamm
bildet die natürliche Grenze zwischen der eigentlichen
Provinz Simen und der von Talemt oder Salemt,
welche letztere längs des West- und Südwest-TJfers des
Takazze vom dreizehnten Breitengrad bis zu den Provinzen
Ad arga und W ald u b b a unterm vierzehnten Breitengrad
sich hinzieht. Eine an mehreren Stellen beinahe
dreitausend Fuss steil abfallende Bergwand bildet die
natürliche nördliche Grenze des hohen Plateaus von Simen
und Demba; sie beginnt an der Westseite des Selki, und
verläuft sich in südwestlicher Richtung zu dem unter dem
Namen Lam alm on-Pass bekannten Felsenabhang, der
sich an die Südgrenze der K u lla anlehnt.