
Tackeraggiro ansässigen mahommetanischen Handelsmannes,
Hadgi Kasai, möglich gemacht, wofür demselben
Getana Meriam in der Folge zu Gondar den gleichen
Dienst erwies. Der Ueberrest der Karavane blieb den
ganzen Vormittag hier gelagert, und ich erhielt dadurch
Gelegenheit, manche seltene, neue Vögel zu erlegen, von
denen die schönen Baumgruppen des Wiesengrunds belebt
waren. *) Unter den letzteren zeichnete sich ein Syko-
mor-Baum aus, welcher einen Stamm von dreizehn Fuss
im Durchmesser hatte, und dessen Aeste sich nach allen
Seiten hin wenigstens fünfzig Fuss weit erstreckten; besonders
auffallend waren die ungeheueren Wurzeln dieser
colossalen Pflanze, die wegen des weggeschwemmten Erdreichs
theilweise frei lagen und ein grosses Netzgewebe
bildeten. Auf dem frischen Wiesengrün erhob sich stolz
die prächtige Amaryllis-Art, welche durch ihre Schönheit
auch Salt’s-Aufmerksamkeit e rw e c k te .E s-g e la n g mir
von dieser ausgezeichnet schönen Pflanze einige Zwiebeln
wohl erhalten nach Europa zu bringen; von ihnen hat
sich eine im hiesigen botanischen Garten zu einer vollkommenen
Pflanze entwickelt, die unlängst blühte, und
so wird denn diese Blume wohl bald den Flor unserer
Kunstgärten verherrlichen.
Von hier bis zu unserm Lagerplatz bei Tackeraggiro
hätten wir nur 1% Stunden zu machen. Der Weg, welcher
eine südwestliche Richtung hatte, ging meist'etwas aufwärts
über Sandsteinschichten, und nach einer halben
*) Es waren namentlich die von mir zuerst bekannt gemachte
Chizärhis-Art und die beiden schönen Pogonias, deren einen ich als
die längst gesuchte Phytotoma tridactyla erkannte. (Siehe meine neuen
Wirbelthiere. Vögel, pag. 50.)
**) Salt’s zweite Reise pag. 419.
Stunde erreichten wir ein Plateau, auf welchem mich der
imposante Anblick der ganzen Gebirgskette von Simen
überraschte: Das obere Viertheil dieser Berge war ganz
mit Schnee bedeckt, eine Erscheinung, die im Contrast
mit dem dunkeln Lazur des Himmels und" den üppig-grünen
tropischen Pflanzen des Vordergrundes etwas in Afrika
höchst Fremdartiges an sich hatte. Das Plateau, auf dem
wir uns befanden, besteht aus einem Hornblende-Gestein,
in welchem sich einige krystallinische Tafeln und garbenförmig
gestellte Partieen von schillerndem Pyroxen ausgeschieden
haben; an einzelnen Stellen konnte man den
Durchbruch dieses altéren vulkanischen Products durch
die theilweise calcinirten neptunischen Sandsteinschichten
deutlich gewahr werden. Dicht hinter Tackeraggiro sind
auf. jene Hornblende-Lava drei Sandstein-Berge aufge-
schrchtet, von denen der höchste sich um fünfhundert und
fünfzig französische Fuss über die Ebene erhebt. Wir
lagerten uns eine Viertel Stunde nordwestlich der Stadt auf
einem Brachfelde und in der Nähe eines damals trockenen
Baches. Hier mussten wir abermals längere Zeit verweilen
(von 8 . — 18. Juni), theils um Zollforderungen zu
entrichten, theils um die zu Halai gedungenen Lastträger,
welche hur bis hierher in Dienst genommen waren, zu
ersetzen. Dieser ganz unerwartete Aufenthalt war mir
um so unangenehmer, da die Regenzeit tagtäglich im
Zunehmen war und der Takazzé-Strom auf dem von uns
gewählten Wege in der Regel höchstens bis zur Hälfte
Juli’s passirt werden kann. Ausserdem war es mir sehr leid,
dass wir gerade in der holzärmen und desshalb für unsere
naturhistorische Beschäftigungen unergiebigen Umgegend
von Tackeraggiro so lange verweilten, während wir in dem
zuvor am 7. Juni erwähnten schönen Wieseugrunde nur