
jede Spur derselben verschwunden,und anstatt der schönen
Körperformen sieht man nur noch ein ekelhaftes, knöchernes
Gerippe. Silberne Fingerringe sind bei Männern und
Frauen sehr gebräuchlich; auch haben manche Kinder Silberringe
in der Ohrenmuschel und am Oberarme; alle
Massauaner aber tragen am Halse oder Arm mehrere in
Leder-Capseln eingenähete geschriebene Zauberformeln.
Bei besondern Festen, wie z. B. dem des grossen Bairam’s,
malen sich alle unverheirathete Mädchen viele Reihen
von schwarzblauen Flecken ins Gesicht, eine ganz sonderbare
Verzierung, welche an das Tatouiren der Südsee-
Insulaner erinnert; dass die Frauen regelmässig die Handfläche,
die Fussohlen und die Nägel karminroth färben,
ist bereits bemerkt worden.
Die Banianen gehen in ihrer bekannten indischen Nationaltracht.
In Betreff ihrer bemerke ich nur im Vorbeigehen,
dass, obgleich ihnen die freie Ausübung ihres heidnischen
Gottesdienstes erlaubt ist, es ihnen doch nicht
gestattet wird, ihre Weiber mit nach Massaua zu bringen;
das Nämliche ist in Jemen der Fall, und wenn ich nicht
irre, so ist Maskat der einzige Ort in Arabien, wo sich
die Banianen mit ihren Frauen niederlassen dürfen. Jeden
Morgen machen sich die Banianen, nachdem sie ihrem
Ritus gemäss sich durch Waschen gereinigt haben, einen
runden Flecken von rother Farbe auf die Mitte der
Stirne. Die Bewohner der nahegelegenen Küste und dev
Inseln tragen als Bekleidung nur ein grosses abyssinisches
Tuch von Baumwolle und von weisser Farbe, welches über
den Oberkörper geworfen wird, so dass es sich über der
Brust kreuzt, und zwei Endzipfel rückwärts von den Schultern
herabhangen; auch tragen sie ganz einfache Sandalen,
welche jeder sich selbst verfertigt Beinahe durchgehends
haben sie das Kopfhaar geschoren und tragen das
oben beschriebene mit Seide gestickte Käppchen. Von der
Tracht der wilden Schoho-Stämme und der Abyssimer
werde ich bei anderer Gelegenheit reden.
Wenn sich zwei Bewohner von Massaua nach längerer
Zeit zum ersten Male wieder sehen, so eilen sie, um sich
zu begrüssen, auf einander zu, geben sich die rechte Hand,
bringen die Hände dann an ihren Mund, und küssen zu
gleicher Zeit jeder die des Ändern; mit den geschmeidigsten
Redensarten erkundigen sie sich dann gegenseitig
nach ihrem Befinden, und man sollte bei jeder solcher
Gelegenheit aus ihrem ganzen Benehmen schliessen, es
seyen die herzlichsten Freunde, die sich Wiedersehen.
Gerade dieser Schluss würde aber nirgends weniger richtig
seyn, als in Massaua. Da ich zu verschiedenen Zeiten
beinahe ein ganzes Jahr zu Massaua verweilte, so hätte
ich vielfältig Gelegenheit, durch eigene Erfahrung und
durch fremde Mittheilungen, die ich gehörig prüfte, den
Charakter der hiesigen Bewohner zu erforschen. Ich glaube
mit gutem Gewissen erklären zu können, dass die Schilderung
desselben, welche Bruce und Salt gegeben haben,
obgleich in den Hauptzügen wahr, doch mit allzu schwarzer
Farbe entworfen ist. Dass man bei Menschen, die an
der afrikanischen Küste angesiedelt und bloss dem Schacher
ergehen sind, alle möglichen Verstellungskünste gewahr
wird, und dass dieselben ihre heiligsten Versprechungen
nur dann erfüllen, wenn es ihr persönliches Interesse
erheischt, und überhaupt in allen ihren Handlungen höchst
egoistisch sind, versteht sich, da es in der Natur der Umstände
liegt, von selbst. Dazu kommt noch, dass der fortwährende
Sklavenhandel, die Hauptbeschäftigung der Mas-
sauer, ihre moralischen Sitten untergraben und ihr Herz