
Zahl Männer, ja gelbst Kinder zum Frohndienst bei öffentlichen
Arbeiten stellen, und überdiess hatten sie früher noch
nahmhafte Lieferungen an Vieh zu entrichten. Wenn solche
Contributionen ausgeschrieben werden, so berücksichtiget
zwar die Regierung gewöhnlich, ob sich in der.bestimmten
Gegend der requirirte Gegenstand vorfindet; aber da derselbe
bei der Ablieferung auf Abrechnung der indirecten Steuern
gutgeschrieben wird, und zwar nach einem festgesetzten
Preis (öfters nur ein Drittel des effectiven Werthes), so muss
das Individuum, das den zu entrichtenden Gegenstand nicht
besitzt, denselben von dem Producenten zuweilen vier Mal
theuerer erkaufen, als die dafür von der Regierung'stipulirte
V ergütung beträgt!
Der durch den Frohndienst verursachte Zeitverlust beeinträchtigte
häufig den Feldbau; es entstanden hierdurch theil-
weise Rückstände in den ohnehin so drückenden Auflagen,
und diess nimmt alljährlich progressive zu, weil die Zahl der
Arbeiter sich fortwährend verringert. Das alte Gesetz, dass
der Landmann von einer durch künstliche Bewässerung erzeugten
Ernte keine Abgaben zu zahlen habe, ist dadurch
ganz illusorisch geworden, dass man ihn zwingt, einen gros-
sen Theil des Ackerlandes mit solchen Producten zu bestellen,
die eine permanente Bewässerung erfordern, was fast
die ganze Zeit des Landmannes in Anspruch nimmt, und
ihm nicht erlaubt, eine zweite Ernte von Cerealien hervorzubringen.
Nach und nach ward auch der Umfang jedes
Ackers verringert, und später der Betrag der Grundsteuern
erhöht.
Das aller Empörendste in der Verwaltung Mehemet Ali’s
ist, dass man die Bewohner der einzelnen Dorfschaften solidarisch
für die Entrichtung des Steuerbetrugs jedes einzelnen
Gemeindemitglieds verbindlich gemacht hat, so dass
also in der Regel nicht einmal dem Fleissigeren für seine
Anstrengung ein Vortheil vor demlndolenten zu Theil wird!
Obgleich die Eintreibung der Steuern fortwährend auf das
Strengste betrieben wird, so nimmt doch, wegen der Grösse
der Auflagen überhaupt, der Betrag der unberichtigten Abgaben
mit jedem Jahr bedeutend zu. Um aber gleichsam den
Jammer des Landvolks auf seinen höchsten Grad zu steigern,
kam man in neuerer Zeit auf die Idee, die Rückstände jedes
Distrikts an irgend einen der Bewohner gegen eine unter
dem Betrage derselben stehende, jedesmal durch die Eröffnung
einer Concurrenz sich bestimmende Summe zu überlassen
; man ging dabei von dem Gedanken aus, dass der einzelne
Bewohner zwar einen und den ändern Theil seiner
Habseligkeit den Augen der Regierungsbehörde verbergen
könne, dass aber eine solche Verheimlichung nicht so leicht
möglich sey, wenn der mit der Schuldforderung auf ihn Angewiesene
ein im Orte selbst einheimischer Mann ist. Diese
Einrichtung hat den Privatfeindschaften einen freien Spielraum
verschafft, und der Rachsucht Einzelner Thor und Thür
geöffnet. Schon mehrmals hat zwischen einzelnen Familien
über die rückständigen Steuern ein förmlicher Wettstreit
Statt gehabt, weil eine jede durch Pachtung derselben die
Macht erlangen wollte, irgend einen Gegner zu Grunde zu
richten. Derjenige, welcher die rückständigen Steuern eines
Distriktes erkauft, übernimmt es, die ausbedungene Summe
in mehrjährigen Terminen zu entrichten, und wird beim Eintreiben
der Steuern nöthigenfalls von der Ortsbehörde auf
das Kräftigste unterstützt. Unter dem Vorwande, dass der
sich im Rückstände Befindende den Erlös aus dem Verkaufe
seines Viehs oder Fruchtvorraths verschleudern könne, ward
eine Verordnung erlassen, kraft deren das gepfändete Eigenthum
des Schuldners nur durch den Acquirenten der Regie-
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