
auf welcher eine kleine christliche Capelle erbaut ist; nicht
fern von dieser, aber etwas niederer, steht eine kleine
Moschee, und bei derselben befindet sich eine Cisterne mit
trefflichem Wasser. Die christliche Capelle ist das Ziel der
Wanderungen der verschiedenen Glaubensbekenner; nach
der Tradition stehet sie auf dem Fleck, wo Moses einst die
steinernen Tafeln mit den zehn Geboten empfangen haben
soll.D
ie Aussicht von der Bergspitze des Sinai wird im Osten,
Süden und Westen durch höhere Gebirge beschränkt; nur
nach Norden übersieht man weithin eine ausgedehnte Landschaft,
deren gelbliche, sandige Fläche von niederen schwarzen
Porphyrfelskämmen durehzogen wird, was durch den
Contrast beider Bestandtheile einen ganz eigentümlichen
Anblick gewährt. Die sehr ausführliche Beschreibung, welche
Burckhardt von dem Sinai oder Mosesberg gegeben hat,
und deren Richtigkeit und Genauigkeit ich in jeder Beziehung
bestätigen kann, macht eine weitläufige Behandlung
des nämlrchenGegenstandes von meiner Seite her überflüssig.
Ich bemerke also nur, dass nach den Beobachtungen, welche
ich mit einem in der Capelle des Sinai-Gipfels aufgestellten
Barometer machte, und der gleichzeitig am Meeresufer zu
Tor vorgenommenen Beobachtung der Barometerstände *)
die Höhe dieses Punctes auf 7035 franz. Fuss über der
Meeresfläche ausgemittelt wurde**). Von der Capelle aus
*) Meine sämmtlicben barometrischen Beobachtungen nebst deren
Berechnungen durch Herrn Hr. M ä d ler in Berlin werden als Anhang
im zweiten Bande dieses Werkes abgedruckt.
**) Dieses ist die erste eigentliche Höhenmessung des Sinai, die,
da sie mit einem guten Barometer angestellt wurde, ziemlich richtig
scyn dürfte, Herr Dr. Ehrenberg batte im Jahr 1824 in dem engen
Feisthaie, worin das Kloster der Verkündigung liegt, die tägliche Verliegt
das Kloster der Verkündigung 30« N. O., das Hospi-
tium der vierzig Märtyrer gerade westlich (oder 270»), die
kleine Capelle auf der Spitze des Catharinenbergs (Gebel
Horeb) direct S.W. (oder 224%»), alle Winkel auf den
magnetischen Meridian bezogen )• '
Bei der Besteigung des Sinai in der Jahreszeit, in welcher
ich auf denselben gelangte, gewähren zwar die m Bluthe
stehenden mannichfaltigen Alpenpflanzen, die in der Morgenkühlung
einen balsamischen Duft verbreiten, einen höchst
angenehmen Genuss; allein der Anblick der ganzen Gegend
ist ein sehr trauriger, wegen der vorherrschenden
wild zerrissenen und starren Felsmassen, und des gänzlichen
Mangels einer üppigen- Alpenwiese oder eines herabstürzenden
Giessbaches, wodurch dieBerghöhen anderer Lander
ein so romantisches Ansehen erhalten. Ueberhaupt hat das
frisch grüne und kühlen Schatten werfende Buschwerk in
den Gärten des Hospitiums im Thale, dessen alle Reisende
mit grossem Enthusiasmus gedenken, nur desshalb einen
besondern Reiz, weil es mit den verhältnissmässig ganz
nackten Felsmassen der Umgegend so schroff contrastirt.
Die Bäume jener Gärten bestehen vorzugsweise aus Oliven,
Mandeln,Feigen, Birnen, Granatäpfeln,Limonen und schlanken
Cypressen; die hier reifenden Früchte aller Obstarten
sind vortrefflich, da die Bäume wegen der Winterkälte
gehörig ausruhen, und im Sommer bei stets gleichmassiger.
änderung der Lufttemperatur beobachtet, und darnach, in Verbindung
mit der von Seetzen nach der Zahl der Stufen gemachten Abschätzung,
die muthmassliche Höhe des Berges zu 7000 franz. Fuss angenommen,
was durch eine Laune des Zufalls der Wahrheit sehr nahe kam.
*) Zu bemerken ist, dass sowohl das Kloster der Verkünd,gung
als das Hospitium der vierzig Märtyrer auf der Spitze des Sinai nicht
sichtbar sind, daher nur ihre angebliche Richtung oben bestimmt wurde.