
und mussten zuletzt unsere Geräthe und Waaren abladen
lassen. Dieser an und für sich unangenehme Vorfall war
für mich ein glücklicher; denn als wir in Folge davon iins
lagerten, ward ich mit Staunen gewahr, dass einer meiner
Last-Esel fehlte, und war nun noch unserm früheren Lagerplatz
nahe genug, um ihn wieder erhalten zu können.
D erselbe. hatte sich, nachdem er beladen war, in das Gebüsch
verlaufen, und war, da man ihn, wie diess öfters der
Fall war, im vordersten Zuge vermuthete, nicht vermisst
worden.-Ich schickte eilends zwei meiner landeseingebornen
Diener zurück, um ihn aufzusuchen, diese kamen aber,
obgleich wir mehrere Stunden warteten, nicht wieder. Statt
ihrer erschien der Häuptling eines benachbarten Dorfes
und versprach gegen einen Thaler den Esel, der sich nach
seiner Aussage in den Händen von Dieben befand, nebst
seiner Ladung, wieder zu schaffen. Leute seines Orts hatten
nämlich das Thier bald nach unserer Abreise eingefangen,
und sogleich angefangen das Gepäck unter sich zu theilen,
als sie plötzlich durch die unvermuthete Rückkehr meiner
Diener überrascht wurden. Diese entwaffneten sie zwar
und banden ihnfen die Hände auf den Rücken; allein als
sie vernahmen, dass Getana Meriam und ich mit meinen
bewaffneten Leuten sehr bald nachfolgen würden, ritt jener
Dorfvorsteher, der, wie es scheint, einer der Diebe war,
sogleich zur Karavane, um bei der unvermeidlichen Rückgabe
des Thiers wenigstens sich selbst einen Vortheil zu
verschaffen. Er behielt auch den bezahlten Thaler für sich
allein, und die Uebrigen mussten alles bis auf die geringste
Kleinigkeit zurückgeben. Dabei trat denn wechselseitig
einer gegen den ändern als Angeber auf, indem keiner
dem ändern den Besitz der unbedeutendsten Kleinigkeit
gönnte, und durch diese gegenseitige Angeberei erhielt
ich, obgleich ich selbst in dem Augenblick unmöglich mich
erinnern konnte, was alles in den verschiedenen Schläuchen
enthalten war, die ganze Ladung bis auf das allergeringste
Stück wieder. Dieser Vorfall kann als ein Beitrag
zur Charakteristik der Abyssinier jener Gegend dienen.
Auch am heutigen Tage hatten wir gegen Mittag heftigen
Platzregen mit Nordwest-Wind, nach drei Uhr aber
dicke, schwere Wolkenzüge und Südwind; gegen Mitternacht
brach ein Gewitterregen aus, in Folge dessen am
nächsten Morgen (31. Mai) das Wiesenthal sich mit Duft
und niedern Nebelzügen anfüllte. Das fortwährend von
senkrecht abgerissenen, dreihundert Fuss hohen Sandstein-
Terrassen begrenzte Thal war in der Gegend unseres Lagers
eine halbe Stunde breit und gut angebaut. Viele Dorfschaf-
ten liegen oben auf der Terrasse sowie am Fuss derselben,
und die Gegend leidet wegen dieser starken Bevölkerung
an Holzmangel. Das Thal Saheta gehört noch zur Provinz
Agame; drei Viertel Stunden von unserm Lagerplatz dagegen
beginnt, wie man mir sagte, die Px'ovinz Haremat.
Wir machten heute nur eine und eine halbe Stunde Wegs,
und zwar immer in direct südlicher Richtung. Die östlich
liegende Sandstein-Terrasse entfernte sich immer mehr von
uns, und die zu Ackerbau benutzte Thalfläche ward dadurch
breiter; die westlich ziehende Bergkette dagegen blieb
uns fortwährend dicht zur Seite. Auf der Höhe der Letzteren,
neben unserm heutigen Lagerplatz, lag der Flecken
A m balul, dessen Vorsteher gleichfalls einen, für mich
drei Species-Thaler betragenden, Zoll erhob. Am heutigen
Tage war das-Wetter ganz besonders regnerisch; es fing
bereits um Mittag zu donnern an, und bald darauf fiel
ein dichter Platzregen, der bis zum folgenden Morgen
ununterbrochen anhielt, so dass es nicht möglich war, die
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