
Verkörperungen des Wischenu zu verherrlichen. Dieses
Fest heisst Awatara, und Massaua ist der einzige Ort am
rothen Meere, wo ihnen die Feier desselben gestattet ist.
Am Vorabend des Festes zündeten die Banianen auf einem
freien Platze einen grossen Scheiterhaufen an, um welchen
sie dann die ganze Nacht hindurch groteske Tänze aufführten.
Am eigentlichen Festtage aber bemalten sie sich
ihre entblössten Körpertheile auf eine ekelhafte Art mit
Zinnober, und jeder trug eine von Pappendeckel verfertigte
grosse Charaktermaske auf dem Kopf, die irgend einen,
mit dem Fest in Beziehung stehenden mythologischen Gegenstand
darstellte; man sah unter diesen Vermummungen
das Bild eines Tigers, eines Elephanten, eines Seedrachen,
einer mehrköpfigen Schlange, eines von Aepfeln strotzenden
Baumes und dergleichen mehr. Einige Banianen tanzten
nach dem Tone der Schalmeien und Cymbeln, und einer
goss von Zeit zu Zeit, wie' es hiess, zum Zeichen seines
Wohlwollens, vermittelst einer dicken Handspritze, wohlriechendes
Wasser auf die Umstehenden. Die ganze Gesellschaft
zog von einem Haus zum ändern, und dabei
wurden bei den wohlhabenden Einwohnern Geschenke erbettelt.
Diese Mummerei, die mit dem Ende des christlichen
Carnavals ziemlich in eine und dieselbe Zeit fällt, und in
Indien seit undenklichen Zeiten eingeführt ist, erinnert
unwillkürlich an die europäischen Faschings-Belustigungen.
Schon hatte ich all mein Gepäck zur Ueberfahrt nach
Arkiko in dem Haushof zurechtgelegt, und das Magazin
mit meinen Reserve - Effecten bestens verwahrt, als mir
eine grosse Gefahr drohte. Ich machte, um die Äbend-
kühlung zu gemessen, in der Gesellschaft Hadgi Omar el
Saidi’s einen Spaziergang auf der Fläche von Ras Matter,
als plötzlich ein betrunkener türkischer Soldat, ohne dass
ich ihm irgend eine Veranlassung dazu gegeben hätte,
mich mit zürnenden Worten anfuhr. Zugleich stürzte er
auf mich los, fiel aber, als ich ihm gewandt auswich, mit
solcher Gewalt zu Boden, dass sein gauzes Gesicht zu
bluten anfing. Ergrimmt stand er auf, und fing nun an laut
zu schreien: ,,O ihr Rechtgläubigen! sehet, wie mich ein
Christenhund behandelt, der eben jetzt über unsern Propheten
spottete, und den ich desshalb zurecht setzen wollte
! “ Zugleich drückte er eine seiner Pistolen nach mir ab,
der Schuss verfehlte mich aber, und mein Begleiter, der,
schon wegen dieser Rettung allein, mir ewig theure Hadgi
Omar, riss dem Wüthenden seine andere Pistole aus der
Hand, und hielt ihn ab, mich nochmals anzugreifen. Zugleich
bat er mich inständig, so schleunig als möglich in
meine Wohnung zurückzugehen, und deren Thür ja zu
verschliessen. Ich that es; aber nocb ehe fünf Minuten verflossen
waren, erschien der rasende Trunkenbold, mit einer
Holzaxt bewaffnet, vor meiner Wohnung, sprengte die
Thür, und schleuderte dann die scharfe Axt nach meinem
Kopfe, verfehlte mich aber glücklicher Weise wieder. Noch
war ich unschlüssig, ob ich zu meiner Vertheidigung Waffen
gebrauchen solle, als mein treuer Neger Abdalle herbeieilte,
und durch einen tüchtigen Faustschlag in die
Weiche den mir näher kommenden Gegner zu Boden
streckte, so dass er nicht mehr aufstehen konnte. Endlich
erschienen einige türkische Soldaten in Auftrag des Kai-
makans, und schleppten den Trunkenbold in die Haft, in
der er bis nach meiner Abreise bleiben musste, weil er mit
Verwünschungen schwur, sich für die angebliche Misshandlung
an mir und meinem Diener blutig rächen zu wollen.