
abgesetzten Fürsten von Senaar wieder zum Besitz seiner
Staaten zu verhelfen, nichts als ein Vorwand war.
Ein Kriegszug in das Innere von Afrika, von einer namhaften
Truppenzahl unternommen, die von der eitlen Hoffnung
einer reichen Beute belebt war, und mit Feuerwaffen
gegen zerstreute, wiewohl an festen Wohnplätzen lebende
und bloss mit Schwert und Speer kämpfende Völkerschaften
focht, war für Mehemet Ali keine grosse Sache. Uebrigens
war der Plan dieses Feldzuges sehr gut entworfen, und namentlich
wurden klugerWeiseMyriadenvonKameelen aufgebracht,
um den Truppen Lebensmittel nachzufiihren, und
durch die Mitwirkung vieler Fahrzeuge der Marsch der Truppen
den Nilstrom entlang sehr erleichtert. Ein Paar sehr ungleiche
Gefechte, in welchen der Sieger kaum einige Todte
hatte, während die von den Türken unter den Eingebornen
angerichtete Metzelei schrecklich war, entschieden in sehr
kurzer Zeit die Eroberung von Dongola, Senaar und Kor-
dofan. Mehemet Ali’s Söhne, Ibrahim und Ismail Pascha,
nebstihrem Schwager Mehemet Beg Defterdar, haben sich
mit diesen rühmlosen Siegeslorbeeren geschmückt.
Kaum war man im Besitz dieser Provinzen, so erlaubte
man sich in denselben' Brandschatzungen aller A rt; aber
namentlich machte man auf Menschenraub berechnete Streifzüge
in die südlich gelegenen Wohnplätze derireien Neger.
Diese harmlosen Leute lebten, in zahlreiche kleine Volksstämme
oder grosse Familien abgesondert, gewöhnlich auf
den isolirten Kuppen steiler Hügel, wo sie einrgermassen
in Sicherheit waren gegen die periodischen Streifzüge der
-rastlosen Sklavenhändler, eingewanderter äthiopischer und
arabischer Nomaden in Verbindung mit solchen Negerstämmen,
die zur mahometanischen Religion übergegangen
waren. Häufig mangelt eigenes Quellwasser diesen isolirten
bewohnten Bergkuppen, und- die Eingebornen müssen es
aus Brunnen im Thale holen. Die Türken brauchten daher
nur die einzelnen Hügel plötzlich zu umzingeln, um deren
Bewohner zur Unterwerfung zu nöthigen. Die erwachsenen
Männer zogen meistens in verzweifelter Gegenwehr den
Tod der Sklaverei vor, und dann blieben nur die Greise,
Frauen und Kinder dem Sieger als Beute. Mehemet Beg
Defterdar, der in Kordofan befehligte, war besonders thätig
bei dieser unmenschlichen Negerjagd. Das Beste der Beute
behielt er stets für sich und seine ihm getreuen Soldaten;
.alle übrigen Gefangenen aber wurden in Masse nach Egypten
abgeführt. Die ungewohnten Strapazen des Marsches,
die harte Behandlung von Seiten der Escorte, der Unterschied
des Clima’s, schlechte oder ungewohnte Nahrung und
zufällig ausbrechende Epidemien richteten unter diesen
Sklaven auf der langen Reise durch das unwirthbare Afrika
schreckliche Verheerungen an. Ueber 40,000 derselben wurden
in Folge dieser Streifzüge in dem Jahre 1820 21 aus
ihrem Vaterlande fortgeschleppt; nicht ein Drittel von ihnen
gelangte nach Egypten, und auch diese sind hier grossen-
theils ziemlichrasch weggestorben. Welch grosse Zahl dieser
Neger wurde aber überdiess noch vonJYIehemet Beg’sTrup-
pen getödtet, um jene 40,000 Sklaven einzufangen!
Zuletzt erkannte man in Egypten, dass auf diese Weise
nicht die gewünschte Anzahl von Negern zum Soldatendienst
erhalten werden würde, und schlug nun einen ändern Weg
ein : man legte auf die verschiedenen Bewohner der unterjochten
Provinzen eine jährliche Steuer, die in Sklaven zu
entrichten war. Da die auf diese W^eise erhaltenen Menschen,
welche meist erwachsene Leute waren, zum Theil von Kindheit
an als Sklaven in jenen Ländern gelebt hatten, mitunter
auf dem Transporte durch die Wüste von Kordofan oder