
bei der Nachricht von der englischen Invasion ernstlich zur
Flucht nach Syrien angeschickt hatten, um ihr Leben und
ihren Raub in Sicherheit zu bringen. Mehemet Ali wusste
den durch zufällige Conjuncturen über die Engländer erfochtenen
Sieg in Constantinopel auf eine geschickte Weise geltend
zu machen, um sich als einen , treuen Yertheidiger des
grossherrlichen Reichs hinzustellen, und gab zugleich
von neuem nachdrückliche Versicherungen in Betreff der
aufgetragenen Vertilgung der Mammelucken. Mag es ihm
nun wirklich gelungen seyn, das Misstrauen der Minister des
Grossherrn durch solche Versprechungen zu beschwichtigen,
oder beabsichtigte man in Constantinopel ihm nur so lange
die höchste Gewalt in Egypten anzuvertrauen, als man ihn
zum Werkzeug gegen andere Feinde gebrauchen wollte;
genug, das Resultat war, dass man ihm als einen Beweis des
grossherrlichen Vertrauens seinen einst als Geisel übersandten
Stiefsohn Ibrahim Beg zurückschickte.
Die drohende Stellung, welche die sich über ganz Arabien
verbreitende- neue Glaubenssekte der Wehabiten
angenommen hatte, indem sie, unter dem Vorwande der
Abschaffung vonreligiösen Missbrauchen, sichnach und nach
zu einer politischen, auf Eroberungen hinzielenden Macht
ausbildete, beunruhigte mit Recht die entnervten Nachfolger
des Reichs der Kalifen. Alle Kriegszüge, welche die
Statthalter der Sultane gegen dieselben unternommen hatten,
wurden nicht allein zurückgeschlagen, sondern die durch
ihre Siege kühner gewordenen Glaubensverbündeten bedrohten
bereits die entfernteren Provinzen am Euphrat, in Syrien
und das an Egypten angrenzende peträische Arabien mit
einem Einfall. Der regelmässige jährliche Zug der maho-
metanischen Pilger nach den heiligen Städten Mekka und
Medina hatte schon mehrmals ganz unterbleiben müssen,
oder die Theilnelimer an demselben waren auf dem Zuge
unter mancherlei Vorwänden all ihres Eigenthums beraubt
worden. Nur ein energischer glücklicher Angriff konnte
den unberechenbaren Folgen der wachsenden Macht dieser
neuen Religionssekte Einhalt thun. Der Divan des Sultans
glaubte in Mehemet Ali die passendste Person dazu
gefunden zu haben; und so verschaffte man zufällig in Co.ii-
stantinopel selbst diesem ehrgeizigen Pascha die beste Gelegenheit,
seinen herrschsüchtigen Plänen eine kräftige Entwickelung
zu geben. _
Mehemet Ali wusste sehr wohl, dass er nie einen Fel
zug nach Arabien mit einiger Wahrscheinlichkeit deji guten
Erfolgs unternehmen könne, so lange die gefährlichen kühnen
Nebenbuhler seiner Herrschaft in Egypten, dieMammelucken
und ihr Anhang, nicht ganz vernichtet seyen, undbemuhete
sich desshalb auf das angelegentlichste, vor allen Dingen
diese Partei zu vertilgen. Ersuchte sie durch Verstellungskunst
einzuschläfern, in demer namentlich auf das Bestimmteste
erklärte, dass-er, des langen Kampfes müde, ins Künftige
die Verwaltung von Egypten mit den Mammelucken
theilen wolle. Nach den bittern Erfahrungen wiederholter
Treulosigkeit, welche seine Gegner an ihm gemacht hatten,
schien es kaum möglich zu seyn, auf diesem Wege den
gewünschten Zweck zu erreichen; und doch gelang es. Hassan
Pascha übernahm die schwierige Aufgabe, einen friedlichen
Vergleich zwischen beiden Parteien zu Stande zu
bringen; die genaue Kenntniss des Charakters der Orientalen
lieferte die besten Mittel und Wege. Es glückte, fast
alle erbitterten Gegner Mehemet Ali’s durch Befriedigung
des Egoismus, durch geschickt angebrachte Schmeicheleien
und gelegentlich angefachte Eifersucht so zu bearbeiten,
dass sie unvorsichtig in die grosse Fallschlinge gingen, die