
einer Art romantischen Schwindels nur von dem Gedanken
geleitet, für die Nachkommen des Homers zu kämpfen ! Die
energischsten Anstrengungen der Pforte, die rebellischen
Griechen wieder zum Gehorsam zu bringen , scheiterten an
den tapfern und ausdauernden Anstrengungen der schwärmerischen
Jugend Europas; und der Sultan ward endlich
durch wiederholte Niederlagen zo Wasser und zu Land ge-
nöthigt, den Beistand desselben Pascha von Egypten änzu-
rufen, dessen Demütbigung und Unterdrückung er doch
eigentlich injs Geheim beschlossen hatte. Mehemet Ali, der
die Gesinnungen des Divans von Constantinopel gegen ihn
w ohl kannte, und sich durch die scheinbare momentane Aen-
derung desselben nicht täuschen liess, suchte aus den Umständen
den möglichst grössten Nutzen für seine eigenen
Pläne zu ziehen. Indem er sich mit Thätigkeit zur Unterstützung
des Grossherrn rüstete, fand er dadurch Gelegen-,
heit, seinen eigenen Streitkräften eine grosse Ausdehnung
zu geben; zugleich konnte er in einem activen Krieg mit
den Griechen seiner aus egyptischen Bauern gebildeten regulären
Miliz eine praktische Uebung und Ausbildung verschaffen,
und so bei ihr nach und nach den Vortheil der Dis-
ciplin zum Bewusstsein bringen, und dadurch den persönlichen
Muth erwecken und belebem Auch war der Feldzug
gegen dieGriechen eine erwünschte Gelegenheit, viele noch
in seinen Diensten stehende türkische Truppen sich vom
Halse zu schaffen, auf deren Anhänglichkeit und Treue er
doch nicht unbedingt rechnen konnte, im Fall es zu einem
offenen Bruch zwischen ihm und dem türkischen Kaiser käme.
Endlich hoffte er dadurch, dass er mit Energie und Ernst die
christlichen Rebellen bekämpfte, alle ächten Muselmänner
für sich zu gewinnen. An ihrer guten Meinung schien ihm
aber immer viel gelegen zu seyn, nicht etwa aus eigener
Liebe zum mahommetanischen Glauben, sondern weil er als
schlauer Kopf wohl berechnete, welch ein grösser Vortheil
sich daraus ziehen liesse,wenn er einst, bei etwaigem Kampfe
zwischen ihm und dem seitherigen geistlichen und weltlichen
Oberhaupte der Mahommetaner, Letzteres alsunterdemEin-
flusse ketzerischer Europäer stehend bezeichnen könne, während
ersieh selbst durch seine Thaten als einen eifrigen Ver-
theidiger des Islams zu erkennen gäbe. Aus demselben Grunde
war auch Mehemet Ali immer sehr bemühet, für die Sicherheit
und Bequemlichkeit der nach Mekka ziehenden Pilger
bestens zu sorgen, deren Zahl in neuerer Zeit ganz besonders
gross war,, weil der Kampf mit den Wehabitendie Erfüllung
dieser Religionspflicht Jahre lang nicht verstattet hatte.
Saleg Beg, einer der einflussreichsten Anführer der in
Egypten befindlichen Albaneser-Soldaten, ward mit 2000
Mann dieser Truppen im Frühling 1822 zur Verstärkung der
türkischen Armee nach Uypern abgeschickt; zu gleicher Zeit
sollte Hassan Pascha, der treue Anhänger Mehemet Ali’s,
dem er bei seiner Erhebung zur Oberbefehlshaberstelle in
Egypten von freien Stücken so zu sagen zum Schemel gedient
hatte, mit einer doppelt so starken Truppenabtheilung
nach Candía zu dessen militairischer Besetzung abgehen.
Aber ganz unerwartet weigerte sich dieser Häuptling zu gehorchen,
wie wenn er das Schicksal geahnt hätte, das ihn
dort erwartete, und erklärte sich fest entschlossen, in Egypten
bleiben zu wollen. Durch Ueberredung und Schmeicheleien
ward er endlich doch bewogen, sich nach Candia einzuschiften;
er starb aber bald nach seiner Ankunft daselbst
an Gift.
Ich bemerke bei dieser Gelegenheit — was ich früher anzuführen
vergass, — dass Hassan Pascha’sBruder, der tapfere
Abdyn Beg, der ebenfalls sich immer als eine kräftige Stütze
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