ferung gedenkt, zu versetzen wagt. Dieses Ereignifs ist
die grofseFluth, die sogenannte S ündfluth. Die Nachrichten,
die über dasselbe vorhanden sind, und die nicht
nur in Ansehung der begleitenden Umstände sehr grofse
Aehnüchkeit unter sich haben , sondern auch ziemlich genau
auf einen und denselben Zeitpunct hinweisen, stammen
aus dem westlichen Theile A sia’s her, aus dem
Süden und Westen des Caspischen Sees. Aber auch andere
von dieser Gegend zum Theil sehr entfernt, ja selbst
auf der entgegengesetzten Seite der Erdkugel wohnende
Völker haben ihre Ueberlieferungen von einer grofsen
Fluth, welche ihr früheres Geschlecht bis auf ein Paar
oder wenige Uebriggebliebene vertilgt haben soll. Es ist
schwer, wo nicht unausführbar, zu ermitteln: ob diese Sagen
sämmtlich sich auf ein und dasselbe Ereignifs beziehen
, von welchem die Ueberlieferung von Einem gemeinschaftlichen
Stamme auf später weit verbreitete Geschlechter
übergegangen ist; oder ob ähnliche Ereignisse, gleichzeitig
oder nicht, sich in verschiedenen Gegenden der Erde
zugetragen haben. Es ist eben so schwer zu ermitteln:
ob eine allgemeine Flnth die ganze Erdoberfläche getroffen
hat; oder ob die Sagen davon sich auf mehrere, in
verschiedenen Gegenden der Erde erfolgte grofse Flu-
then beziehen. Das Erstere ist überhaupt und schon um
defswillen wenig wahrscheinlich, weil in einem solchen
Falle das Erhalten auch nur Eines Paares oder eines kleinen
Theils des Menschengeschlechts kaum denkbar seyn
würde 1).
Noch weniger läfst sich die U rsache mit einiger
Sicherheit angeben, welche so grofse Wirkungen hervorgebracht
haben kann; Wirkungen, von deren Wahrnehmung
1) v. Hoff Geschichte der durch Ueberlieferung nachgewiesenen
natürl. Veränderungen der Erdoberfläche Th. III, S. 163 f.
die Fünftausend Jahre, durch welche die auf uns gekom-
mehe Ueberlieferung überhaupt läuft, durchaus nie wieder
etwas ähnliches geboten haben.
Man könnte vielleicht annehmen, dafs nur die Beschreibungen
irgend grofser Ueberschwemmungen von den
daraus geretteten, in Furcht und Schrecken versetzten,
noch sehr wenig gebildeten Menschen in solchem Grade
übertrieben und ausgeschmückt worden wären, dafs sie
dadurch die Gestalt erhalten hätten, in welcher die Schilderung
der Sündfluth auf uns gekommen ist. Hält man
indessen für zu gewagt, oder für willkührlich dieses anzunehmen,
so geben uns die Forschungen der neuesten
Zeit im Gebiete der Geologie wenigstens einen Wink zum
Auffinden einer Ursache für Fluthen der gröfsten Art.
Dieser Wink liegt in der Vorstellung, dafs die Gebirgsketten
der heutigen Erdoberfläche durch gewaltsame, theils
plötzliche, theils allmähliche, von innern Kräften bewirkte
Erhebung ihrer Masse in langen Streifen entstanden seyen.
Diese Muthmafsung hat so aufserordentlicli viel für sich, und
wird nicht nur durch die inneren Verhältnisse der Gebirgsketten,
sondern auch durch einzelne wenn gleich minder
grofse unter unsern Augen erfolgte Erhebungen der Erdoberfläche
so sehr bestätigt, dafs, so lange, als nicht andere
die erwähnten völlig widerlegende Wahrnehmungen
werden gemacht werden, man derselben etwas Gründliches
entgegenzusetzen nicht vermag.
Die Erhebung eines ganzen vorher entweder gar
nicht oder in anderer Gestalt und Höhe vorhandenen Gebirgszuges
aber, besonders wenn sie plötzlich erfolgte,
mufste nothwendig allem fliefsenden oder stehenden Gewässer
in und um die Gegend, wo die Erhebung erfolgte,
andere Plätze und einen veränderten Lauf anweisen, wodurch
Ueberfluthungen von fürchterlicher Grofse und Verbreitung
entstehen konnten.