den Klippen, fearithoes oder B itu recas genannt, unweit
Cola res, und dem festen Lande konnten vor dem
der zweite Stofs, etwas weniger heftig, als der erste, doch
so stark, dafs er die Zerstörung vollendete. Man hörte das
Einstürzen der St. Catharmen-Kirche, die auf einer Anhöhe lag.
„Auf einmal — fährt er fort — ertönte das Geschrei:
' das Meer kömmt! Es entstand auf dem Wasser ohne Wind
ein Heben und Schwellen, und sogleich kam eine ungeheure
Wassermasse wie ein Berg schäumend und brausend daher,
warf sich hoch über das.Ufer hin und rauschte fast in demselben
Augenblicke pfeilschnell zurück. Die Schiffe tanzten
und wurden hin und her geworfen, wie im heftigsten Sturme,
mehrere wurden von den Ankern gerissen und einige auf die
andere Seite des dort vier engl. Meilen breiten T ejo geworfen.”
„In diesem Momente geschah es, dafs der schöne neue
Kai, ganz von Marmorblöcken mit Ungeheuern Kosten erbaut,
mit allem darauf befindlichen Volke, welches dort Sicherheit
zu finden geglaubt hatte, gänzlich verschlungen
wurde, zugleich mit einer Menge daran liegender Boote und
kleiner Schiffe f von denen nie etwas wieder zum Vorschein
kam. Dieses letztere furchtbare Ereignifs habe ich _ sao-t
er — nicht mit eigenen Augen angesehen, da ich mich drei
bis vier Steinwürfe weit von dem Schauplatze entfernt befand;
aber es ist mir von einigen Schiffsmeistern berichtet
worden, die zwei- bis dreihundert Yards von dem Kai vor
Anker lagen und die ganze Katastrophe mit angesehen hatten.
Einer derselben insbesondere sagte aus: dafs, als der
zweite Stofs erfolgte, er sah, wie die ganze Stadt hin und
her wogte, gleich dem Meere, wenn der Wind eben anfängt
sich zu erheben; dafs die Bewegung selbst unter dem Flusse
so stark war, dafs sie seinen grofsen Anker emporwarf, der
gleichsam auf dem Wasser schwamm; dafs unmittelbar nach
diesem außerordentlichen Erdstofse, das Wasser im Flusse
auf einmal gegen zwanzig Fufs stieg und sogleich wieder
fiel; in welchem Augenblicke er den Kai mit der ganzen
Menschenmenge auf demselben in die Tiefe sinken sah; und
dafs zugleich alle Boote und Schiffe, die neben demselben
lagen, mit in den Schlund gezogen wurden, welcher sich
Erdbeben die Küstenschiffe bei niedrigem Wasser durchfahren;
jetzt kann man bei gleichem Wasserstande trocknen
Fufses bis zu diesen Felsen gehen. In einem Sumpfe
oder See, der im Winter eine beträchtliche Menge Wassers
aufnahm, wurde der Grund so gehoben, dafs man daselbst
keine Spur mehr von einer Oberfläche sieht, wo
vorher die Tiefe sechs bis sieben Palmen betrug. Jetzt
ist dort Alles mit dem umliegenden Boden in gleicher
Höhe. An anderen Puncten sieht man an der Strömung,
dafs einige Stellen des Grundes höher, andere tiefer geworden
sind, als sie vorher waren 1).
Folgen wir nun zuerst der Meridian-Linie von L i s s a-
bon gegen Süden, so finden wir auf derselben, oder doch
über denselben augenblicklich geschlossen haben mufs, da
niemals auch nur von Trümmern derselben etwas wieder gesehen
worden ist. Diesem Berichte können Sie vollkommenen
Glauben beimessen; denn, was den Verlust der Schiffe
betrifft, so wird er von Jedermann bestätigt; und in Betreff
des Kai, so ging ich wenige Tage nach dem Vorfälle hin,
um mich von der Wahrheit der Erzählung zu überzeugen;
da konnte ich nicht einmal Spuren des Platzes finden, wo ich
so manchen angenehmen Spaziergang gemacht hatte, da der
Kai der gemeinschaftliche Sammelplatz der Factorei in kühlen
Abendstunden war. Ich fand statt dessen überall tiefes
Wasser und an einigen Puncten fast unergründlich. Das ist
übrigens der einzige Punct in L issab on , wo ein Verschlingen
der Erde oder Einsinken in die Tiefe wahrgenommen
worden i^t. Spalten sind mehrere entstanden, auch auf der
andern Seite des Te j o , wo eine grofse Felsmasse in den
Flufs gefallen seyn soll. Viele Spalten warfen weifsen feinen
Sand aus gleich Springbrunnen.” Von Feuer aus der
Erde weifs dieser Berichterstatter Nichts, aber schwefelige
und erstickende Eskalationen sollen bemerkt worden sevn.
So weit die Nachrichten von Naturerscheinungen in diesem
Briefe. Der Ueberrest desselben enthält nur Schilderung
der durch das Erdbeben verursachten Zerstörungen und
des daraus entstandenen menschlichen Elendes.
1) Philos. Transact. a. a. 0. S. 413 f.
■r»i" i i^irwfr— ftw'wnwf. ..üi 1