Zeit gegen eine halbe Stunde; so dafs die Erscheinung in
M adeira ungefähr 10 Uhr Lissaboner Zeit erfolgte; also
zwanzig Minuten später als zu L i s s a b o n; so viele Zeit
hatte die Welle gebraucht, um den Raum von sieben
Graden zu durchlaufen, welches in diesen Breiten siebenundachtzig
geographische Meilen beträgt.
In W e stin d ie n , an den Küsten von A ntigoa,
B arbados, M artin iq u e und Sabia x) erfolgte die
Wasserbewegung gegen 3 Uhr nach Mittag dortiger Zeit,
das ist T Uhr Abends in Lissabon; oder das Erdbeben
ereignete sich zu L issabon, als es in A ntigoa 5§ Uhr
Morgens war. Die Fortpflanzung der wellenförmigen Bewegung
durch den Atlantischen Ocean auf die Entfernung
von fast achthundert geographischen Meilen hatte daher
neun und eine halbe Stunden Zeit gebraucht. Aus der
Vergleichung dieser Zeit mit der, welche die Wellenbewegung
durch den Raum von Lissabon bis Madeira brauchte,
ergiebt sich, dafs die Schnelligkeit dieser Bewegung, oder
Fortpflanzung derselben mit der Zunahme der Entfernung
von dem Puncte ihres Ursprungs allmählig abnahm, wie
dieses auch in der Natur der Sache liegt. Auch daraus
mufs man schliefsen, dafs der Hauptact, der erste Anstofs
an der Küste von P o rtu g al und A frica erfolgte, und
dafs die ganze Erscheinung im Ocean und in Westindien
blofs eine mechanische Wirkung des Erdstofses, oder vielmehr
des dabei erfolgten Einsinkens des Meeresgrundes an
jenen Küsten war. Daher scheint Nichts darauf anzukommen,
dafs die Nachrichten von den Westindischen Inseln
nicht bestimmt angeben: ob dort die Bewegung auch mit
Zurückziehen des Meeres angefangen hat, wie zu ver-
muthen ist. Es wird von dorther nur überhaupt berichtet,
dafs ein abwechselndes Schwanken des Meeres hin und her
1) Pliilos. Transact. a. a. 0. S. 669.
erfolgt sey, dafs diefluthende Bewegung zu M artin iq u e
die oberen Stockwerke der Häuser erreicht habe, und dafs
bei der ebbenden der Meeresgrund eine englische Meile
weit trocken geblieben sey. Den von B arbados angegebenen
Umstand, dafs dort das Meerwasser sühwarz wie
Tinte gewesen sey, möchte man wohl aus dem durch
die heftige Bewegung ungewöhnlich stark aufgerührten
Schlamm des Grundes erklären können, und einige Ueber-
treibung in Schilderung der Farbe mag auch dabei unterlaufen.
Die heftigen Bewegungen im dortigen Meere dauerten
von fünf zu fünf Minuten drei Stunden lang.
Auch seitwärts, d. i. gegen Süd und Nord, pflanzte sich
die Bewegung im Meere fort, und zwar sehr weit, aber mit
minderer Heftigkeit als in der Richtung von Ost nach West,
denn in dieser letzteren stand ihr im freien Ocean bis nach
Westindien kein Hindernifs entgegen; in jener aber überall
Küsten des/ festen Landes, an denen sie gebrochen wurde,
und sich folglich nur in geringerem Grade äufsern konnte.
An der Küste von A frica bei T e tu a n wiederholte
das Fluthen des Meeres achtzehnmal bis 6 U. Ab., so auch
bei A r z i 1 a. Bei S a f f e ergofs sich das Meer bis zu der
weit vom Ufer gelegenen grofsen Moschee.
Bei C adiz kam 11 U. 10' die erste Fluth oder Welle
sechszig Fufs höher als der gewöhnliche Wasserstand, und
rifs den Wall auf eine Länge von Einhundert Toisen weg.
Darauf folgten die Wellen in folgenden Zeitpuncten: 11 U.
30', 11 U. 50', 12 U. 30', 1 U. 10', 1 U. 50'; das Fluthen
dauerte, immer schwächer werdend, bis zum Abende 1).
An den N ied erlän d isch en Küsten, und weit in
die Flüsse und Canäle hinein, als bei R o tterd am , H er-
zo g en b u sch , H aag, L ey d en , G ouda, U tre c h t,
H arlem , A m sterdam , erfolgte zwischen 10 und 11 U.
1) Philos. Transact. a. a. O. S* 427.
Bd. IY. Erdbeb. u. Vdlc. F f