Eine andere Hypothese wurde von Scrope x) aüfge-
stellt. Dieser nahm die innere grofse Hitze der Erde als
gegebene Thatsache an, ohne auf Erklärung ihres Ursprungs
einzugehen, und gründete auf diese Thatsache die
Ansicht, dafs unterhalb der festen und kühlen, aus den bekannten
Felsarten bestehenden, Erdrinde sich eine Felsart
in feuerflüssigem, oder vielmehr durch das Mittel des
durch die Hitze erzeugten Wasserdampfes bis zur Erweichung
desagregirten Zustande befinde, welche, bei vermehrter
Expansion dieses, aus dem in der Felsart enthaltenen.
Wasser entwickelten Dampfes, die sie umgebenden
Wände und Decken durchbreche und hebe. Wir werden
unten bei Erklärung der Erscheinungen des Ausbruchs von
Lava in die Einzelnheiten dieser Hypothese näher eingehen;
bemerken aber hier nur, dafs aus derselben sich ebenfalls
die vulcanischen Erscheinungen ohne bedeutende Schwierigkeit
erklären lassen.
Mehrere dieser Erscheinungen, und manche neuerlich
bei vulcanischen- Ausbrüchen gemachten Beobachtungen, so
wie Untersuchung verschiedener vulcanischen Erzeugnisse,
Untersuchungen zum Theile von Davy selbst angestellt,
bewogen diesen einsichtsvollen Physiker selbst die Scro-
pische Ansicht für wenigstens eben so annehmlich, wie
die seinige zu erklären 1 2). Dazu trugen insbesondere folgende
Wahrnehmungen bei, die bei neueren Ausbrüchen
des Vesuv, und bei dem im J. 1831 erfolgten Ausbruche
im Mittelländischen Meere, der eine Insel hervorbrachte,
gemacht worden waren.
Die Dampfwolken hatten ganz das Ansehen von Wasserdampf,
und die Blitze, die in denselben entstanden, ent-
zündeten Nichts, was hätte geschehen müssen, wenn die
1) G. Poulett Scrope Considerations on Volcanos etc. Lond. 1825.8.
2) Philosophic. Transact. 1828. S. 250.
Ausbrüche Wasserstoffgas emporgetrieben hätten. Auch
zeigte sich kein Geruch, der das Daseyn dieses Gases
verrathen hätte, kein Geruch von Schwefelsäure, kein bituminöser,
nur zuweilen etwas Schwefelgeruch. Eben so
wenig waren Spuren von Salzsäure, salzsaurem Ammoniak
und anderen Säuren wahrzunehmen, und die weifsen Dampfwolken
zerstoben im Winde ganz wie jeder Wasserdampf.
Das Athmen wurde selbst denen nicht erschwert, die in
die Dampfwolken eingehüllt wurden. Das aus dem Krater
der Insel Ferdinandea aufgefangene Gas war nur kohlensaures
mit etwas Stickgas und nur einer Spur von Was-
serstoffgas. Auch die übrigen Prodficte des Ausbruches,
namentlich von dieser Insel, zeigten, dafs der gewöhnliche
Verbrennungsprocefs bei dem Ausbruche daselbst
nicht im Spiele war, dafs dagegen die Menge des entwickelten
mit Salz geschwängerten Wasserdampfes, die
ausgeworfenen porösen Schlacken, die verhältnifsmäfsig
niedrige Temperatur der Auswürflinge, und die Abwesenheit
irgend eines Gases in bedeutender Menge, des koh-
lensauern allein ausgenommen, für die Hypothese des unterirdischen
Vorraths von feuerflüssiger Masse (Lava)
sprechen. Namentlich scheint bei dem Ausbruche von
Ferdinandea die mehrere Meilen von der Küste entfernte
Lage dieses Ausbruchspunctes und die grofse Tiefe des
Meeres an demselben (fünfzig bis sechszig Faden mindestens)
unverträglich mit dem Gedanken, dafs er eine Verbindung
mit der Atmosphäre gehabt haben könne.
Die Erläuterung der einzelnen Phänomene bei Erdbeben
und Ausbrüchen wird die Anwendung der Hypothese
auf dieselben in ein helleres Licht setzen.
Andere Hypothesen über die Ursachen der Erdbeben
und vulcanischen Erscheinungen erklären die Ereignisse
nicht vollständig genug, oder sind auf theils nicht bestätigte,
theils auf wirklich irrige Voraussetzungen gegründet,
Bd. IV. Erdbeb. u. Vtjlc. E