eben so Schiffe im Flusse, drei engl. Meilen über L issabon
1). Die Wände der Gebäude bewegten sich von Ost
nach West.
Es entstanden hie und da Spalten in dem Boden; aber
Dampf stieg aus denselben nicht auf, wie von Einigen irrig
behauptet worden ist 1 2).
Gleich nach dem ersten Stofse, der kurz vor der höchsten
Fluthzeit eintrat, stieg die Flufh vierzig (nach Anderen
nur fünfzehn) Fufs höher, als gewöhnlich, und fiel
augenblicklich wieder. Dieses Fluthen und Ebben wiederholte
dreimal3). Davon wird weiter unten ausführlicher
die Rede seyn.
Die merkwürdigste von allen Erscheinungen bei diesem
Erdbeben aber ist die Veränderung in der Gestalt der
Oberfläche des Bodens, die es hie und da hervorbrachte.
Ein an der Küste unter L issabon von Marmorblöcken
neuerbaneter Kai sank bei den Stöfsen augenblicklich in
die Tiefe unter das Wasser, mit einer darauf versammelten
grofsen Menge von Menschen; und alle an demselben
vor Anker liegenden Fahrzeuge wurden mit in die Tiefe
gerissen. Nie kam wieder Etwas von diesen auf die Oberfläche.
Die Tiefe des Meeres an der Stelle, wo der Kai
versunken Avar, fand sich nach dem Versinken Einhundert
Faden (sechshundert Fufs) 4).
1) Philos. Transact. Vol. XLIX. S. 35. 398. 402. 408—411. —
Lyell Principles ofGeoI. T. I. S.438. — Davy letters Vol. II. Lett. 2. S. 12.
2) Philos. Transact. a. a. 0. S. 409—411.
3) Ebendas.
4) Ich kann mir nicht versagen, die von dieser Erscheinung gegebene
Schilderung, die man an keinem anderen Orte so
ausführlich findet, mit den eigenen, aus dem Englischen Originale
übersetzten Worten des Berichterstatters hier aufzunehmen.
Sie ist aus einem Briefe des englischen Kaufmanns
Braddock, eines Augenzeugen, geschrieben 13. Nov. 1755 zu
Aber auch Erhebung des Bodens durch dieses Erdbeben
wurde an einigen Orten wahrgenommen. Zwischen
Lissabon an Dr. Sandby, Chancellor of the diocese of Nor-
wicli, und findet sich in Ch. Davy’s Letters addressed chiefly
to a young Gentleman upon subjects of Literature, including
a translation of Euclid’s Section of the Canon and his trea-
tise on Harmonie, with an explanation of the greek musical
modes, according- to the doctrine of Ptolemy. London 1787.
II Voll. 8. Sie lautet Vol. II, so weit sie hierher gehört,
S. 1 — 60 wie folgt.
„Keinen schönem Morgen konnte man gesehen haben,
als den des 1. November; die Sonne schien in vollem Glanze,
der ganze Himmel war vollkommen heiter und klar, kein
warnendes Zeichen verkündete nahes Unglück. Ich safs in
meinem Zimmer zwischen 9 und 10 Uhr Morg. und schrieb
an einem Briefe, als die Papiere und der Schreibtisch in
eine sanft zitternde Bewegung geriethen, ohne dafs irgend
ein Luftzug zu bemerken war. Ich wufste nicht, was ich
daraus machen sollte, und als bald das ganze Haus vom
Gipfel bis zum Grunde erschüttert wurde, glaubte ich einen
Augenblick, das käme vom Rasseln mehrerer Wagen, die,
wie geAVÖhnlicli, durch die Strafse rollten von B elem nach
dem Pallaste. Aufmerksamer horchend, wurde ich bald enttäuscht,
und bemerkte, dafs die Ursache eine sonderbar fürchterliche
Art von Getöse unter der Erde war, das dem hohlen
Rollen fernen Donners glich. Das Alles dauerte keine
Minute, und ich dachte an Erdbeben, wie ich ein, obgleich
unschädliches, auf Madeira erlebt hatte. Meine Feder Aveg-
werfend und aufspringend, Avar ich einen Augenblick unge-
wifs, was zu thun; ich glaubte, es sey vorüber, da schreckte
mich ein fürchterliches Krachen auf, so stark, als stürzten
alle Gebäude der Stadt auf einmal zusammen. Auch stürzten
sogleich die oberen Stockwerke des Hauses ein und die
unteren wurden zerrissen.” Der Schreiber fährt hierauf fort
zu erzählen, wie er das Haus A'erlassen habe und über die
Trümmer der vielen eingestürzten Häuser, zum Theil auf
Händen und Füfsen kriechend, erst bis zum Platze der eingestürzten
St. Pauls-Kirche,-und, nach kurzem Verweilen,
von da bis zum Ufer des T e j o gelangt sey. Als er sich
dort befand (also geraume Zeit nach dem ersten Stofse) kam
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