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nur wenig seitwärts davon entfernt, die heftigsten Wirkungen
der mit denen zu L issabon auf jener ganzen Linie
gleichzeitig empfundenen Erdstöfse, von demselben
Tage.Z
u G ib ra lta r erfolgte gegen 10U. Morg. eine heftige
Erschütterung von 23 Secunden Dauer und auf diese
eine schwächere, aber drei Minuten mit wellenförmigen
Schwingungen anhaltende. Das Meer stieg sieben Fufs höher,
als gewöhnlich, und fiel eine Viertelstunde später aufser-
ordentlich tief. Dieses Fluthen und Ebben dauerte von
einer Viertelstunde zur andern, immer schwächer werdend,
bis zum folgenden Morgen1), S ev illa, S. L ucar, Xe-
res litten sehr, C onil wurde ganz verwüstet und in Cadiz
empfand man den Stofs sehr stark1 2).
In A frica wurden die westlichen Theile von Ma-
rocco davon auf eine zerstörende Weise getroffen. — In
T etu an erfolgten in sieben bis acht Minuten dreiStöfse,
doch stürzten dort keine Gebäude ein, aber das Wasser
in dem Flusse Chico wurde roth gefärbt. — In T anger
(schon dem Meridian von L issab o n näher gelegen) dauerten
die Erschütterungen länger und ein Vorgebirge stürzte
ein. Das Fluthen des Meeres wiederholte dort achtzehn-
mal bis 6 Uhr Abends und die Quellen von der Küste an
bis auf eine halbe Leagua in das Land blieben bis zum
Abende trocken. — In F ez stürzten Häuser ein und ein
Theil eines benachbarten Berges; auch dort wurde das
Wasser eines Baches roth gefärbt; ohne Zweifel durch den
Schlamm, den das heftiger quellende Wasser aus der Tiefe
emporrifs. — S alle, schon weiter gegen Westen gelegen,
litt grofsen Schaden durch Einstürzen von Häusern. —
Ebenso M equinez. — InS affd stürzten mehrere Häu-
1) Coli. acad. T. VI. S. 631.
2) Philos. Transact. a. a. 0. S. 425 — 428.
Chronik. 433
ser ein und das Meer überfluthete die Stadt. — In Ma-
rocco wurden Häuser zerstört und ungefähr acht Lea-
gues von der Stadt öffnete sich die Erde und verschlang
ein Dorf. — Gewisse Anhöhen oder ein Bergzug, den der
Englische Berichterstatter S a rjo n -H ills nennt, sollen
eine so grofse Zerstörung erlitten haben, dafs ein Berg
völlig gespalten wurde und die beiden einstürzenden Hälften
jede einen Ort mit seinen Einwohnern begrub *).
Das gröfste und merkwürdigste Ereignifs dabei in dieser
südlichen Gegend aber traf die Gegend bei M o g a d o r
(Sw earah), welcher Ort fast ganz im Meridiane von
L issab o n liegt, auch war dort die Erscheinung ganz
ähnlich der, die man bei fieser Stadt wahrnahm. Vor
dem Haven von M o g a d o r lag eine Reihe von Klippen
unter dem Meere, die nur kleineren Schiffen den Eingang
in diesen Haven gestattete. Während der, Erdstöfse vom
1. November versank diese Felsenreihe urplötzlich so tief,
dafs seitdem die Rehde daselbst eine Tiefe von zwanzig
Faden (Einhundert und zwanzig Fufs) hat und die gröfs-
ten Kriegsschiffe aufnehmen kann 2).
Das Versinken dieser Felsenreihe und das des Kai zu
L issab o n in so grofse Tiefe bietet einen wichtigen Aufschluß
dar über die Art der Wirkungen dieses Erdbebens
und über den Grund eines Theils seiner weitverbreiteten
Erscheinungen. Es möchte hiernach nicht zweifelhaft seyn,
dafs eine von denjenigen unterirdischen spaltenförmigen
Höhlungen, auf welchen die mächtigen eingeschlossenen
Gasarten in ihrem Streben fortschreiten und einen Ausweg
suchen, am 1. November bis an die Oberfläche des Mee-
1) Philos. Transact. a. a. 0. S. 429 — 431. Die Stelle läfst ei-
nigermafsen im Ungewissen, ob dieser letzterwähnte Vorfall
sich hei dem Erdbeben am 1. oder hei dem am 18. November
ereignete.
2) Rozier Observations (Journal) de Physique. T. I. S. 100.
Bd. IV. Erdbeb. u. Vutc. E e