dafs sie defshalb jioch eine vollkommene Schmelzung zu
erleiden braucht. Dafs nicht alle Theile der Lava eine
vollkommene Schmelzung erlitten haben, zeigt ihre Beschaffenheit
und die Art ihres Fliefsens. Nur theilweise
wird eine wirkliche Schmelzung bewirkt. Der gröfste Theil
der Lava fliefst nicht wie geschmolzenes Erz, das aus
dem starren Zustand in den völlig fluiden übergegangen
ist, sondern wie eine breiartige Masse, deren Theile durch
ein dazwischen tretendes flüssiges Mittel auseinanderge-
trieben und in Bewegung gesetzt werden. Auch erkennt
man in der unter beträchtlichem Drucke erkalteten und
erhärteten Lava nicht eine verschlackte oder geschmolzene
Masse, sondern eine reintegrirte Felsart, die unter einiger
Veränderung der Gröfse und Form ihrer einzelnen Gemengtheile
ebenfalls wieder einen krystallinischen Mineralkörper
bildet. Nur ihre oberen nicht durch Druck zusammengehaltenen
Theile, aus denen das Wasser ganz
verflüchtigt worden ist und in denen der Dampf sich nicht
wieder condensiren konnte, haben eine wahre Schmelzung
oder Verschlackung erlitten und sind zu blasigen Massen
aufgetrieben worden.
Nach dieser Hypothese strebt der durch die Hitze
aus dem Wasser zwischen den Krystallblättchen entwik-
kelte höchst elastische Dampf , sich nach allen Seiten zu
expandiren. Die von ihm durchdrungene Felsart (Lava)
ist von Massen anderer Art bedeckt, welche schlechte
Wärmeleiter sind und auf dieselbe drücken. Die gegen
ihren Druck anstrebende Expansion des erzeugten Wasserdampfes
hebt und zerreifst sie da, wo ihr Widerstand am
schwächsten ist, treibt die bewegliche Felsart als Lava,
als basaltisches Gestein oder Trachyt in den entstandenen
Rifs und füllt ihn aus, wenn dieser nicht bis an die Oberfläche
reicht. Ist die dadurch bewirkte Erleichterung genügend,
den Druck oder die Hitze zu mindern und damit
zugleich die Kraft des dadurch mehr condensirten Dampfes,
so wird es bei diesem Erfolge bleiben, der Boden
nicht zerrissen, sondern nur erschüttert werden; es wird
ein E rd b eb en erfolgt seyn.
Ist aber die fortdauernde Dampfbildung durch erhö-
heten Grad der Hitze oder bleibenden Druck überwiegend,
so wird jene Erleichterung nicht genügen, der Spalt wird
die Oberfläche erreichen, die Lava über dieselbe hinausgetrieben
wrerden und ein v u lcan isch er A usbruch
erfolgen.
Es ist eine bekannte Wahrnehmung, die sich besonders
am Vesuv als Thatsache vielmals bestätigt hat, dafs grofse
Ausbrüche nicht leicht eher erfolgen, bis die Höhlung des
grofsen Kraters fast ganz angefüllt ist. Dieser, der in
gewissen1 Zeiten sich als ein Schlund oder eigentlicher
Trichter von der Tiefe von mehreren hundert Fufs darstellt,
auf dessen Boden Bewegungen Vorgehen und oft
flüssige Lava sichtbar ist, wird allmählich ausgefüllt. Dieses
geschieht nicht von oben, sondern durch allmähliches
Heben des Bodens, oft während mehrerer Jahre, ohne dafs
dabei heftige Bewegungen des Berges wahrgenommen werden,
sondern vielleicht nur Rauch und Dampf vom Boden
des Kraters aus kleinen Oeffnungen hervordringend, und
zuweilen schwaches Auswerfen aus denselben. Das ist die
im Innern befindliche flüssige Lava, die der Dampf dort,
wo sie den wenigsten Widerstand leistet, im grofsen Krater
nach und nach in die Höhe schiebt. Erst wenn die
Masse derselben eine bedeutende Höhe von mehreren hundert
Fufs erreicht, den Krater ganz, oder beinahe ganz,
angefüllt hat, und nun an dieser*Stelle, die vorher den
schwächsten Widerstand leistete, der Druck stärker wird,
als selbst an den festen Seitenwänden des Berges, erst
dann erfolgt der Ausbruch durch Zerreifsen der letztem
mit all den gewaltigen und furchtbaren Erscheinungen, die