Genuss sein; ein Tapferer verlässt sich so auf die Tapferkeit
(ich denke, mag aber nicht sagen —■ Feigheit) des Ändern,
um das Gespenst zu verscheuchen. Das fast die ganze
Nacht unterhaltene Feuer im Chan verbreitete eine grosse,
wenigstens eine' unbehagliche Wärme; weit mehr aber als
diese belästigte das fast ununterbrochene Geplauder, das
bis gegen Morgen andauerte, und das Ein- und Ausgehen,
ohne dass dieses je ein Ende nehmen wollte. Zu Unterhaltung
sah ich die eigenthümliche Selbstmusterung, um über
dem Feuer die Läuse los zu werden. Sobald die Hitze weniger
erträglich ist, fallen sie ins Feuer herunter. Diese
Nacht wurde mir auch etwas Seltsames klar. Gestern Abend
sah ich auf dem Boden mehrere Steine herumliegen, und
brauchte einen zum Sitzen; allein die Leute machten einen
ganz ändern Gebrauch davon, — die Steine dienten ihnen
als Kopfkissen. J a k o b schlief ja auch auf einem Steine 472.
In aller Frühe besuchte ich die Bruchkranke. Es ging
ihr etwas besser, und trotz Yorurtheil, das auch bei uns
herrscht, verband man den Bruch nicht mehr wie zuerst.
Nur war alles trocken; man schickte sich jedoch sogleich an,
die kühlen Überschläge mit Wasser zu erneuern. Wahrscheinlich
wird, aus Mangel gehöriger- wuridärztlicher Hilfe,
der Arm brandig zu Grunde gehen. Man rieth mir, hier zu
bleiben, und ein Haus zu bauen und unter den Sarahern
rathend und thatend zu wohnen, welche auf die Erlösung
durch die Franken zu hoffen scheinen. Es kamen dann noch
zu mir Kranke mit Hornhautverdunkelungen, mit völligen
Fellen. Was doch für Unheil in diesem Lande durch die
Augenentzündungen angerichtet wird! Die Regierung ist aber
blind gegen dasselbe, blind gegen diejenigen, welche das
Augenlicht ganz verlieren.
Die Witterung dräute gestern; allein die Leute im Chan
haben sie hell gelärmt und geheizt, so dass der Morgen sehr
schön anbrach. Dessen ungeachtet war ich nicht am besten
aufgelegt, weil ich Schlafmangel fühlte, und das gestrige
Nachtessen, zu dem ich kein Huhn bekommen konnte,
meinen Körper nicht hinreichend stärkte, und heute Morgen
säuerliches Brot mir auch keine sonderliche Begierde danach
erregte; schlechtes Brot is t, wie man weiss, sonst hier
zu Lande ungemein selten. Dieser schöne Morgen liess
kaum ahnen, dass im Verlaufe des Tages etwas wenig Regen
fallen werde, welcher auch anzeigte, dass die gute Laune
der Witterung auf der Neige sein dürfte. 7 U. 40 Min. ver-
liessen wir Sarah, und, in der Richtung gegen Mitternacht,
kamen wir in ein NW. hin ziehendes Thal und 8 U. zu einem
alten Brunnen, aus welchem Leute von Sarah Wasser holten;
er heisst B ir e l -K u n t e r a h »„küiifl i&i Das Thal ist
fruchtbar; der Ackermann, den ich dieser Tage so oft ho
hö, wie den Schäfer ä äh rufen hörte, durchfurchte es mit
dem Pfluge. Einige Zeit nachher war ich im Anblicke des
Dorfes Bet Dschis 473 im W., in der Entfernung
von einer Viertel- bis halben Stunde. 8 U. 15 Min. überschritten
wir den Weg von Ramleh nach Jeschüeh. 8 U.
20 Min. bog jenes Thal nach W. um; es nimmt 8 U. 22 Min.
von 0. ein Seitenthal auf, über welches wir neben einem wenig
Wasser enthaltenden Brunnen setzten. 8 U. 30 Min. trafen
wir in B e t Süs i n ein. Dieses kleine, erbärmliche
Dorf liegt auf einem von Ost nach West gestreckten,
wenig-erhabenen Hügelrücken. Auch hier waren die Getreidekeller,
auf arabisch mattmorah ' Sjytk* (was Keller bedeutet),
geöffnet, und das Gleiche nahm ich später ebenfalls anderwärts
wahr, wie in Bet Likieh. Die Getreidekeller, wenn
sie noch nicht angezehrt sind, werden durch eine konische
Erhebung, und, wenn aus ihnen schon geschöpft wurde, durch
eine Vertiefung angedeutet. In kleinen Körben, die an einem
Seile hinabgelassen werden, holt man das Getreide herauf;
natürlich muss Jemand unten einfassen. Wo nicht Fels die
Wandung der Getreidebehälter bildet, werden sie vollständig
ausgemauert. Die etwas runden Getreidekeller sehen einer
Zisterne vollkommen gleich, und gerade diese Ähnlichkeit
darf bei Beurtheilung der wirklichen Zisternen nicht ausser
Auge gesetzt werden.
8 U. 40 Min. waren wir im Anblicke von Lätrün gegen
NW. Hier sah ich mich bewogen, Sidi Ahmed zu entlassen,