dürfte, so möchte man vielleicht versucht sein, sich vorzumerken,
dass es doch nicht so leicht hält, das nöthige Personal
aufzubringen, um es.in ändern Welttheilen zu den bestimmten
Zwecken zu verwenden. Ich betrachtete diese liebevollen
Damen nicht selten mit Vergnügen als Trägerinnen und
Botinnen einer gesundem Welt- und Himmelsanschauung,
denn man sie in den Ländern ihrer Bestimmung findet, als
Pflanzerinnen und Pflegerinnen einer höhern Bildung, wobei
ich dann geflissentlich den Gedanken ferne hielt, dass sie
durch konfessionelle Schroffheit die Lauterkeit des Friedens
unter Christen verschiedener Farben trüben könnten. Sage
man es noch einmal und rechne es zutn Ruhme an, weil
jede Kraftäusserung des religiösen Lebens, wenn auch
die Pulse mit den unserigen nicht genau zusammenschlagen,
Ehrenmeldung verdient: die Anstrengungen der, Franzosen
sind gross und nachhaltig, um dem römisch-katholischen
Glauben ausser Europa Achtung und Geltung zu verschaffen.
Vormittags passirten wir dieBocche di Bonifacio, die Meerenge
zwischen der Insel St. Magdalena und Sardinien, vom
Sirocco gerade nicht aufs sanfteste angeweht, und Abends
wurde dieser Wind stark genug, dass er den meisten Reisegenossen
das Mittagessen (Abends fünf Uhr) gründlich verdarb,
der unbarmherzige selbst gegen barmherzige Schwestern.
Manche ergriff der Schwindel und sie stimmten am Ende das
bekannte, von einem Preisgerichte noch nie gekrönte Seelied
an. Auch mich überkam diesmal ein so schwindlichtes Unbehagen,
dass ich, ohne eine ordentliche Mahlzeit ganz mitzuhalten,
auf das Verdeck stieg, wodann ich durch einen
erquickenden Schlaf mich vollkommen erholte. Man erwarte
in diesem Buche doch kein Hilf- und Nothbüchlein gegen
dieses See- oder Schwindelübel. So lange die Ursache, das
Schaukeln des Schiffes dauert, wird auch die Wirkung nicht
aufhören; es müsste denn sein, dass endlich die Gewohnheit
ein heilsames Auskunftsmittel fände. Eines nur möchte ich
rathen: man speise, wenn der Magen nichts mehr leiden
mag, doch die Lunge — mit frischer Luft, wo möglich auf
dem Decke.
20. Oktober. Wir verbrachten eine stürmische Nacht;
Blitz und Donner wechselten mit Regen, zumal in der Frühe
dröhnte der Donner. Ich erlebte noch nie ein so lange anhaltendes
Gewitter, das sich besonders Sardinien zum Schauplatze
.auszuwählen schien. Gefahr war übrigens, wenn man
die des Blitzes ausnimmt, nicht im mindesten vorhanden.
Sollte es der Zufall mit sich bringen, dass ein minder kühler
Mensch eine Beschreibung unserer Fahrt herausgäbe, so könnte
vielleicht der Leser ein ganz anderes, hinreichend schwarzes
Gemälde aufgerollt erblicken, das ihn in Angst und Todesnähe
setzte. Das Verdienst des letztem Schilderers müsste
natürlich weit grösser sein, vveil er wegen seiner Erlebnisse
von so vielen und grässlichen Gefahren sich auf den Höhepunkt
eines Helden erhebt, den man anzustaunen keinen
Augenblick säumen dürfe. Ich bemerke schlicht und meRt
nicht, als dass ich um eine Erfahrung stärker wurde. —
Morgens ermüdete der Sturm; noch lange aber übten die
sterbenden Wogen ihre arge Laune. Am Mittag guckte in
ziemlich weiter Entfernung Sizilien aus dem Meere. Später
sah man die Stadt Marsala. Der Sirocco sprang dann wieder
daher und jagte die Wellen hoch empor.
21. Oktober. Ich preise an der unruhigen Nacht die Gefahrlosigkeit;
der hohe Wellengang erregte insbesondere bei
den Frauenzimmern Beschwerden und den Wunsch nach
Meeresstille. Etwa zwei Uhr Nachmittags fielen die Anker
im, südlichen Hafen von La Valetta, freilich etwa acht Stunden
zu spät. Jedennoch muss es als ein ungeheurer Triumph
der Kunst oder als ein ungemeiner Fortschritt im Gebiete
der Erfindungen, wie ihn das Alterthum nicht in Ferne ahnte,
betrachtet werden, dass bei solcher Widerwärtigkeit der Luft-
und Meeresströmung auf eine so grosse Entfernung die Vorgesetzte
Zeit bis auf ein Geringes eingehalten werden konnte.
Die karg zu gemessene Zeit zwang mich,, auf den Besuch
von Medina (cittä) Vecchia (Altstadt) Verzicht zu leisten.
Malta, das Eiland, ist im Ganzen von etwas trostlosem Anblicke;
doch stellte ich mir es wüster vor, als es sich in
der Wirklichkeit darbietet. Welch’ ungeheurer Kontrast in