Ost, und gegen, Süd greift die Krypte nirgends über die
Südwand der Kirche hinaus. Der ganze unterirdische Bau
liegt daher unter dem südöstlichen Theile derselben. Der
westliche, durch das Seitenfenster erleuchtete Vorbau, zu
dem man, theilweise auf einer bessern Stiege, hinabgelangt,
ist noch sehr gut erhalten. Von da kann man entweder auf
der Nord-, oder Südseite in . die Kapelle selbst kommen. Der
südliche Eingang weiset noch sehr leichte Spuren, dass er
mit einer Thüre gesperrt wurde. Von da geht es ohne
Stufen ostwärts in die Felsenkapelle hinab. Diese ist mehr
viereckig als rund; auch sie bietet Spuren von Fresken: am
Gewölbe gelbe Sterne, auch einen Theil von einem Heiligenschein,
der ein entweder aus übertriebenem Lieb, oder Hass
weggekratztes Gesicht umschwebt. Auf der Südostseite der
Kapelle wurde die Wandung einer Zisterne mit der Zeit eingebrochen,
und durch diese Bresche tritt man jetzt in dieselbe,
die sich gegen Mitternacht (ihr Längendurchmesser ist
Süd-Nord) krümmt. Ihr konnte ich weiter gar kein Interesse
abgewinnen, und sie gehört gar nicht zur verehrten
Höhlenkapelle, wo, nach der Tradizion, von Anna die Mutter
unseres Heilandes geboren ward.
Viel wichtiger als die Notiz, dass 1636 bei der Anna-
kirche ein alter, hoher, sehr baufälliger Thurm mit schöner
Aussicht stand 728, ist die Geschichte eines Aufstandes, welcher
am 8. Herbstmonat 1703 ausbrach. Um das Fest der
Geburt Mariens zu begehen, begaben sich die Franziskaner,
nach altem Gebrauche und auf Absingung der Mette in der
Kirche S. Salvator zu Mitternacht, stracks nach St. Anna.
Sonst schützten sie die Araber der Gasse, wo sie durchkamen;
in diesem Jahre aber herrschte in der Stadt ein anarchischer
Zustand, von allen vier Quartieren lief man zusammen, um
Geld zu erhalten, ohne dass jedoch die Mönche gehindert
worden wären, ihren Gottesdienst bis zu Ende zu halten.
Die mohammedanischen Einwohner der Stadt waren in Parteien
zerrissen, und jede wollte diejenige sein, welche die
Lateiner schützte, um dafür bezahlt zu werden. Bei -Ver-
theilung des Geldes für die Bewilligung wollen die Einen zu
kurz gekommen sein. Über ein halbes hundert Unzufriedene
bewaffneten sich mit eisenbeschlagenen Knütteln; sie kühlten
endlich mit Schlägen ihren Zorn an denjenigen Franziskanern,
die von S. Anna in die Kirche des Mariengrabes sich
begaben; der eine, ein Pater, ein starker, noch junger Mann,
drang mit Gewalt durch die Mitte des Lottervolkes, und der
andere, ein Lai, ein schwacher Greis, ward grausam ermordet.
Darauf ein Sturm auf das Kloster S. Salvator ward
nicht ohne Schrecken beschworen; der Friede musste jedoch
mit schwer Geld erkauft werden 72°.
Die Ma r i a -Ma g d a l e n a k i r c h e . Nach der alten Beschreibung
der Stadt von Hugo P 1 agon, wie sie von Beu g
n o t herausgegeben ward, hiess der Nordostbezirk zur Zeit
der Franken Merie 730, und weil angeblich die „Mamooneh”
unzweifelhaft eine der Marienkirchen war, so gab, meinte man,
unzweifelhaft diese ihren Namen dem ganzen Bezirke (Me-
r ie )731. Nach ändern Codices wurde der fragliche Bezirk
gar nicht so, sondern Juerie genannt, was allein genügt, die
Erklärung auf ihre Haltlosigkeit zurückzuführen. Bekanntlich
war St. Maria Magdalena unter den lateinischen Königen
ein Kloster der jakobitischen Mönche 732.
Moscheen.
Wer nach Jerusalem kommt, dem werden die grossen
Moscheen und der geräumige Platz im Osten der Stadt besonders
auffallen; geht er etwas näher, so bewundert er die
grossen Bausteine 733, das Fortleben der Bauwerke aus dem
hohen Alterthume.
Eine Stelle in der Beschreibung der Haramthore aus dem
J. 1495 wurde mir vollkommen klar 734. Dr. Ne uma n n ,
jüdischer Spitalarzt, führte mich zu einem kranken Sohne
des Ch a l i l Bek. Sein Haus liegt nördlich der Mahkameh
gegenüber, unmittelbar an der Umfangsmauer des Haram
esch - Scherif. Da fand ich zwei Thore neben einander in
der Entfernung von wenig Fuss, welche beide zum Sük Bäb
es-Sinsleh führen; doch wird, so viel ich sah, nur das südlichere
oder Kettenthor gebraucht. Offenbar sind dies die
Tobler, Palästina. ^ 20