setzte es allerlei europäische Formalitäten, eine amtliche
Tintenprobe ah. Pluto wandelte von Amtes wegen in die
Unterwelt der Quarantäne und erst heute glücklich aus derselben,
so dass Morgens um neun Uhr die Schaufelräder
vorwärts arbeiten durften. Der deutsche Schiffsarzt versicherte,
die Frau sei an Dekrepitität gestorben; mich will
jedoch bedünken, dass sie auf dem Verdecke wegen Mangel
an gehöriger Erwärmung und Ernährung nicht wenig gelitten
habe, und darum schneller eine Beute des Todesengels geworden
sei. Ich will damit keine Klage gegen den Kapitän
und Arzt erheben. Wer sich einmal für die dritte Klasse
einschreibt, muss sich die damit verbundenen Unannehmlichkeiten
gefallen lassen. Doch möchte ich im Namen der
Humanität der Verwaltung des österreichischen Lloyd zu
bedenken geben, dass sie im Winter oder in der strengeren
Jahreszeit für Fahrten durch kältere Striche keine Verdeckpassagiere
aufnehme, dagegen für eine geringere Kajüte, als
die für die zweite Klasse ist, sorge und dann für diese Mehrleistung
sich auch besser bezahlen lasse. Da es gerade heute
stark regnete, so sah ich, wie die Matratzen von türkischen
Frauen auf dem Verdecke bald in ziemlichem Grade
durchnetzt waren, und die scheuen Geschöpfe sich wirklich
in beklagenswerthem Zustande befanden. Man war nicht
unthätig und spannte ein Zelt auf, was indess doch nicht
recht helfen wollte. Nun zurück zum medizinischen Purga-
torium. Man muss den Griechen eine gewisse Ängstlichkeit
in Handhabung der Sanitätsmassregeln gegen Einschleppung
der Bubonenpest zu gute halten, weil Erschlaffung der Gewissenhaftigkeit
die europäischen Regierungen bewegen könnte,
im Königreiche Griechenland nicht die wünschbare oder vielmehr
nöthige' Garantie anzuerkennen; ich fürchte aber beinahe,
die Lachmuskeln zu reizen, wenn ich melde, dass kein
ausserordentlicher Todesfall ein Schiff mit seinem so wichtigen
Inhalte etwa vierzehn Stunden aufhielt. Neue Regierungen
haben sich besonders davor zu hüten, dass sie nicht, gleich
der alten Mutter Europa, Förmlichkeiten vom Keller bis zum
Giebel hinan aufstapeln. Bekreuzt und gesegnet, und solches
darf man doch nicht ohne Bedauern b.eifügen, wurde wenigstens
die griechische Gesundheitspolizei während der lange
gestreckten vierzehn Stunden kaum von e inem Reisenden
am Borde der „Germania” und des ihr gestern launenhaft
angetrauten „Pluto”.
29. Dezember. Die See ging etwas hoch, und Reisende,
die sonst den Kopf hoch trugen, senkten diesen bald willig,
bald unwi l l i g . Abends halb acht Uhr sah Mancher sich
verdriesslich vor Korfu, weil bei Nacht die Stadt zu besuchen
nicht angenehm und erspriesslich wäre. Den Genuss des
Besuches vereitelte der erwähnte Todesfall, über den bei
diesem Anlasse nicht allerwege die mildesten Ausdrücke gehört
wurden. Abends elf Uhr stachen wir wieder in die See.
30. Dezember. Es blies ein ziemlich heftiger Nordost,
die Wellen sprangen »etwas übermüthig, auch oft über Bord,
und die weitaus meisten Passagiere blieben seekrank in der
Kajüte oder den Kojen. Ich seihst kam mit nur sehr wenig
Unbehaglichkeit weg. An Gefahr war nicht zu denken.
Doch freute ich mich ebenfalls, als das Luftmeer Abends
ruhiger wurde.
31. Dezember. Auf meiner Rundreise bot sich mir die
Gelegenheit dar, so die französischen als die österreichischen
Dampf boote kennen zu lernen.. Was die Kosten betrifft, so
sind die französischen Schiffe, wenn man die grössere Entfernung
ermisst, eher billiger, doch sehr unbedeutend; wer
dann aber in der herbern Jahreszeit billig und verhältniss-
mässig gut fortkommen will, muss ein französisches Schiff
wählen. Denn da bekommt auch derjenige, welcher für die
dritte Klasse bezahlt, Kajüte und Bett. Die Küche ist zudem
auf diesen Schiffen, was wenigstens von dem Platze gilt, auf
dem ich war, jedenfalls feiner, die Speisen sind in der Regel
schmackhafter, zugleich im Überflüsse vorhanden, die Bequemlichkeit
überbietet im Ganzen, die Reinlichkeit durchaus
diejenige auf den Lloydschiffen. Doch auch auf letztem
Fahrzeugen isst und ist man gut, wenigstens auf den neuern
Schiffen; denn der Comfort auf der „ Imperatrice” und dem
„ Pluto ” war zu Gunsten des Hades unverkennbar. Hingegen
rühmt man den österreichischen Schiffen nach, dass
sie eine grössere Sicherheit de.s Lebens gewähren. In der