An diesem Tage begaben sich die Franziskaner auf den
Bauplatz, wo in Gegenwart des österreichischen und französischen
Konsuls der erste, mit Blumen geschmückte Stein
gelegt ward, während die österreichische Flagge über dem
Konsulatsgebäude im klaren Morgenlichte wehte und das
„Gott erhalte” erklang, worauf die Arbeiter am Steinbruche
mit Musik und Tanz und Freudenschiessen I mit Essen und
Trinken sich belustigten. Der formelle Grundstein aber,,ein
Granitblock von 2 ' Länge, 1 ' Breite und 1 ' Höhe mit der
Inschrift: den frommen Pilgern aus dem österreichischen
Kaiserreiche 1857, gesandt vom genannten Fürstbischof aus
Wien, wurde, in Gegenwart Ki ami l Paschas und aller in
der heil. Stadt wohnenden Österreicher, erst am 31. Christmonat
1856 gelegt; denn am 24- November, fünf Monate
nach der eigentlichen Grundsteinlegung, erhob sich der Unterbau
schon mehrere Fuss. Immerhin schritt der Bau,
wider alle Berechnung und Erwartung, l a n g s am v o r a n 704.
Ich fand 1857 das Mauerwerk des ersten Stockes mit der
Kapelle mehr oder minder vollendet. Gegen Ende Christmonats
1858 war das Gebäude zwar bis zur ganzen Höhe
aufgeführt, das Dachwerk auch fertig, allein der Haupteingang,
der innere Ausbau kaum recht begonnen. Ein Vorder-
und Hinterbau ist durch einen Gang getrennt; im letztem
wird das Wohnen weit unangenehmer, selbst wenn noch viel
Schutt weggeräumt werden wird. Hingegen werden die
Räume auf d e r ,Mittagseite alle sehr angenehm und freundlich
trotz der etwas versteckten oder zu tiefen Lage des
Hauses, was verhindert, dass es nicht so imponiren wird,
wie es in höherer Lage könnte, ja müsste. Das Bauwerk
aus Quadersteinen ist sehr stattlich; Bänder oder Lagen von
röthlichten und gelbweissen Steinen wechseln über einander,
und so oft ich vorbeiging, hatte ich grosse Freude daran,
die um so ungetrübter sein konnte, als ich die vielen Seufzer,
die in der Kasse der Baugesellschaft verschlossen sein mögen,
nicht kannte. An Ostern 1859 wird wol die erste Beherbergung
von Pilgern statthaben.
Der russische Graf Kusch e l e f f kaufte 1858 zu Jerusalem
beträchtliche Grundstücke auf, in der Absicht, nicht nur ein
Kloster für etwa zweiundzwanzigiMönche, sondern auch ein
Spital für etwa zwanzig Kranke und eine Herberge für
Pilger zu erbauen 765.
Das D i a k o n i s s e n h a u s der preussischen Protestanten.
Es liegt auf Zion, nördlich vom englischen Hospital, an der
Häret Jakubieh. Früher bewohnten das Haus der englische
Konsul F i n n und der Kaplan Veit c h. Die Lage ist sehr
angenehm und gesund, und man begreift leicht, dass, als
1847 die Erwerbung gemacht wurde, die Latiner, von der
durch Herodes fluchbeladenen Stelle damals weit minder
überzeugt, sich Mühe gaben, dieses Haus für die josephini-
schen Spitalschwestern käuflich an sich zu bringen. Man
vereinte Hospital mit Schule, deren ich schon gedachte.
Für Kranke ohne Unterschied des Glaubensbekenntnisses gibt
es eine Männer- und Frauenabtheilung, unter ärztlicher Aufsicht
des Engländers Dr. At k i n s o n , Assistenten des Dr.
Macgowan. Yerpflegung und Behandlung ist unentgeltlich.
Die Zahl der Kranken, die aufgenommen werden können,
ist freilich eine kleine. Überall tra f ich Reinlichkeit und
Ordnung, und wenn Menschen- und Christenliebe derlei Anstalten
ins Leben ruft, wer wird dieses Streben, das sich
über den tödtenden Materialismus herrlich erhebt, nicht mit
lautem Beifall anerkennen? Die Vorsteherin der Anstalt,
eine Frau von Geist und Bildung und zugleich von einnehmendem
Äussern, Charlotte Pilz, behandelte mich mit vieler
Freundlichkeit, obschon sie von meiner Topographie, die
hier und da einen Stachel herausstreckt, Kenntniss hat. Wo
ich zu loben habe, werde ich es ja viel lieber thun, als
wenn ich aus Wahrheitsliebe. gezwungen bin, Worte des
Tadels niederzuschreiben. Der Anstalt schenkte eine Berliner
Dame eine Physharmonika. Fünf Schwestern besorgen
das ganze Hauswesen, , d. h. die Krankenwartung und den
Schulunterricht. Vier waren mit Geschäften zu sehr überhäuft,
weswegen im August 1853 noch eine abgesendet wurde.
Vom 10. Julius 1851 bis zum 10. Julius des Jahres 1852
wurden im Hospital 79 Kranke verpflegt, darunter: 14 deut