Weberinnen, die im Freien und auf dem Boden arbeiteten.
Wir zogen in den Chän. Die Thüre hat oben einen alten
Stein mit einem sehr schönen Fries. Auch anderswo zeugen
gehauene Steine, selbst Säulenreste, für eine alte Ortslage,
obwol ich keinen alten Namen dafür aufzubringen vermochte;
denn Netopha lag zwischen Bethlehem und Ana-
thot, und Natupha war eine Wüste in Palästina 33°. Im
Innern des Chan begegnete ich dem frischesten Bilde morgenländischen
Lebens und recht freundlichem Wesen. Abends
rief ausser der Thüre im Freien der Müedhdhin, und innen
beteten dann über sechs Männer an einer Reihe, mit dem
Antlitze gegen Mekka, ernst und würdig, indem einer vorbetete.
Später flackerte das Feuer in der Mitte, und es
glänzten die lebhaften, überturbanten Gesichter. Nachts kamen
nach und nach etwa siebenzig Männer in den verhält-
nissmässig engen Raum, fast lauter Bewohner des Dorfes.
Gegen fünfzig Dörfler blieben nicht in ihren Häusern, sondern
verbrachten die Nacht hier in Gemeinschaft, weil sie
es im Chän besser als zu Hause finden. Da schimmert,
wenn man will, ein wenig Kommunismus. Ich bestellte ein
Nachtessen. Man brachte theils trockenes, theils in Öl gebackenes
Brot oder Kuchen, und beides schmeckte mir nicht
übel. Später trug man in einem hölzernen Napfe das Gericht
des Chäns, Fleischsuppe mit Zwiebeln, daher und legte
das Fleisch besonders auf den Diwän (den etwas erhöhten
Lagerplatz). Ich fand die Suppe gut, und, in Ermanglung
eines Löffels, tunkte ich sie mit Brot auf; als aber dann
von verschiedenen Seiten zu viel Hände hinlangten und das
eingebrockte Brot herauskrabbelten, hielt ich nicht mehr
Gemeinschaft und ass nur Brot. Um 10 Uhr fing man an,
zum Schlafe sich niederzulegen. Nun konnte man sich die
Musik von Husten und Schnarchen beliebig auswählen. Die
Leute zogen sich bis auf das lange Hemde aus und bewegten
sich darin wie Kinder ganz sans gêne. Ein Mann suchte
sich das Ungeziefer dadurch zu vertreiben, dass er das
Hemde auszog und es über das Feuer hielt. Mein Schlafnachbar,
ein Greis mit einem grünen Turban,' der seine
Gegenwart durch einen Stoss hin und wieder kund gab,
kratzte sich auch über Gebühr. Was mich aber am meisten
anwiderte, war das Spucken an die Wand. Als ich mich
nach fränkischer Manier arglos ein paarmal an diese lehnte,
bemerkte ich, nicht zu meiner Erbauung, den warnenden
Schmutz. Was hat aber hierin das Frankenland voraus?
Man spuckt auf den. Boden, weil man nicht auf diesen sich
setzt, wie im Morgenlande. Das Bespucken des zum Sitzen
und Liegen dienenden Bodens würden die Orientalen noch
viel ekelhafter finden.
Mittwoch, 25. November. Die ganze Nacht bis gegen
Morgen unterhielt man ein Feuer, was eine grösse Wolthat
war, weil in einem so mit Menschen überfüllten Raume,
trotz Lüftung durch Offenhalten der Thüre, eines Loches am
Dache gegen Abend und eines solchen oben in der Mitte,
die Luft schädliche Eigenschaften hätte annehmen müssen.
Wird ein Theil der Luft durch das Feuer erhitzt und verdünnt,
so strömt dichtere, frische und kühlere Luft von
aussen stets herein. Wahrscheinlich aber denkt der Araber
nicht in Ferne an dieses hygienische Mittel, sondern er verbrennt
das Holz oder Gesträuche nur zur Beleuchtung und
Erwärmung des Raums. Die Ansammlung der Menschen
erklärt sich auch dadurch, dass das Feuermaterial, namentlich
bei der Liebe zum Müssiggang, wovon ich auch in Bet
Nettif Zeuge war, etwas zu schwer aufzubringen wäre, um
in jedem Hause Abends Jüngere Zeit das Feuer zu unterhalten,'
während der Reiz der wirthshausähnlichen Unterhaltung
auch das Seinige beitragen mag, und wenn einmal
der Schlaf den Augenlidern droht — was will man nach
Hause gehen? Viele sinken nur um und bleiben bis zum
Morgen in den Armen des süssen Schlafes. Wie mancher
schlaftrunkene Abendländer würde im Wirthszimmer einen
Polster, worauf er sich bequefn niederlegen könnte, dem
beschwerlichen Nachhausegehen in dunkler, stürmischer
Nacht vorziehen! Um auf das angegebene Lüftungsmittel
zurückzukommen, so ist es so gründlich und wichtig, dass
ich, was in hohem Grade auffallen musste, gar keinen un