Mösaikboden; die Steinchen sind weisser Marmor. Wenig
Schritte gegen SW. folgt eine runde, ziemlich grosse Zisterne.
Nahe dabei sieht man auch felsige Grundlagen von Gebäuden,
auch eine alte, zur Zeit wasserlose Zisterne mit einem
Troge daneben. Es kann von keinem Zweifel angefochten
werden, dass hier bedeutende Gebäulichkeiten gestanden haben.
Der Name weiset vielleicht richtig auf ein Kloster zurück.
3 U. 40 Min. verliessen wir Der es - Sei'är, und schon 3 U.
43 Min. waren wir nördlich neben Der er-Rawät oder dem
Orte der Hirten 233, und zwar im Wege von Mär Säba nach
Bethlehem. 3 U. 58 Min. erreichte ich Bet Sähür en-Nassära.
Issa führte mich in sein ärmliches Haus. Nur ein kleines
Kind war im Zimmer, das dann schnell dem Vater zueilte 23t.
Ich hielt mich hier sehr kurz auf, und langte noch vor Sonnenniedergang
in B e t h l e h em an 235. Es liegt 31° 43' 35"'
nördlicher Breite und 35.° 13' 40" östlich von Greenwich 23°.
An der Thüre, die von der Vorhalle in die grosse Marienkirche
oder die Basilika führt, bot sich kein Stoff dar, der
mich zur Bewunderung eines Kunstwerkes hinriss 237; es sei da,
sagte man mir, eine armenische Inschrift zu -lesen 238. Ich
selbst konnte an der alten, bräunlichen, doppelflügeligen
Thüre keine Inschrift hei der wenig günstigen Beleuchtung
herausstudiren. Das Schiff der von den Christen zur Zeit
der Kreuzzüge oder ältestens vom Kaiser Ju s t i n i a n erbauten
Basilika230 sieht recht säuberlich aus; nur schade, dass
selbst nach den Bemühungen eines Schweizers, Durheim, die
Säulen rein zu waschen und die Darstellungen wieder deutlich
hervorzubringen, doch manches wie bestaubt und einiges
räthselhaft erscheint. Die Heiligen mit ihrem Nimbus sieht
man nur undeutlich mehr. Früher erkannte ich keine Inschriften;
jetzt aber, nach vorgenommener Reinigung, kann
man manches und mittels einer Leiter vielleicht alles lesen,
wodann auch wol einiges im vorletzten Jahrhunderte Mitge-
theilte berichtigt werden mag240. Eine Figur auf der Südseite
hält eine Tafel, auf der ich wenigstens die Worte: qui
tollit peccata mundi, las; auf der gleichen Seite erblickt
man zwischen zwei Nimbusköpfen das Wort Eleazar; an einer
Säule der nördlichen Reihe ist das Endwort deutlich QEOY.
An der südlichen sowol als an der nördlichen Fensterwand
zeigen sich noch Stücke von Mosaik, selbst mit Inschriften.
Auf der Südseite ist ein Baum neben einem Bogen dargestellt.
Ich wollte auch die Inschrift über dem Eingänge zum
Altäre des Eusebius sehen; weder ein Anderer241, welcher
danach suchte, noch ich konnte sie mehr auffinden.
Ich kehrte bei den Franziskanern ein. Die Kost liess zu
wünschen übrig; der Wein war Essig. Schäfer von Äschach
bei Lindau, den ich auch besuchte, schenkt viel bessern Wein
aus. Ich beklage die unverschämte Zudringlichkeit christlicher
Knaben; erwachsene Bettler gibt-es sonst nicht. Hingegen
empfand ich lebhafte Freude, den Bethlehemer Hanna
wieder zu begrüssen, der mich 1845 in die Höhle von Cha-
reitün begleitete. Das Dutzend Jahre hat ihm das Ordenszeichen
des Alters angehängt; er hat nun, wie ich, einen
grauen Bart. Er erinnerte sich noch sehr lebhaft meiner
vier Stunden lange dauernden Forschungen in dieser Höhle.
Der gute Chattib von Bet Tamer ist ins Paradies zu den
Huris hinübergegangen. So theilt die unaufhaltsam fortrückende,
schaffende und abschaffende Zeit ihre Rollen aus.
Samstag, 14. November. Ich setzte in der Frühe meine
Nachlese in der Basilika fort. Ich las an dem Taufstein von
rothem Marmor noch folgende Inschrift auf der Südwestseite:
, <x ,|- Y1IEP MNUM1IC . . . I A
NATIA YEEh lE K A . . .
CEUJLAMAPTIUS N u i . . .
KE E UN OL KITA .N . .
Die Inschrift ist unvollständig; es sind einige Buchstaben
weggekommen, wahrscheinlich durch den Frevel von Pilgern,
die ein Andenken mitnehmen wollten. Im vorletzten Jahrhunderte
konnte man diese Inschrift so lesen:
+ Y n e p MNHMHC K A I A
NAIIAYEEU1 C KA I A®€
CE Ul L AMAPTIU1 NU1. N. I .
KE THNOEKITA• 0 NOM ATA 242