heruntergingen, in dem Grade, dass deshalb der Unterschied
zwischen 1846 und 1857 ein kaum merklicher war; nur der
Preis des Reises stieg ziemlich. Die Franken in Jerusalem
machen sich auch selbst den Tisch geflissentlich theuer. Da
kaufen sie in ihrem europäischen Eigensinn und vom europäischen
Gaumenkitzel angetrieben theure und schlechte
Kartoffeln, thAire und schlechte Milch, zu viel Butter oder
Schmalz, das freilich einen hohen Preis hat. In fränkischen
Häusern könnte man wenigstens um ein Drittel wolfeiler
leben, wenn man nur wollte und die Sinnenlust einigermassen
zügeln könnte. Theurer sind hauptsächlich Speisen, die man
nicht gerade so nothwendig hat, wie Trauben- (dibes) und
Bienenhonig, Hühner, Eier. Wäre es etwas Verwunderliches
oder Ungereimtes, wenn die Frommen und Gläubigen v.ax
, zu Jerusalem voll des Hochgenusses von Golgatha,
in leiblicher Beziehung den Verhältnissen gemäss sich mehr
einschränken würden? Was sollen Süddeutsche die Norddeutschen
und Engländer darin nachahmen, dass sie den
theuren Thee mittrinken? Für mich wenigstens wäre das
tägliche Theetrinken beinahe eine Pein. Der Francomanie
fehlt nur noch, dass man auch Ulmer-Bier kommen lässt.
Die Klage über den Verlust besserer Zeiten und über Zunahme'
der Theurung ist nicht neu. 1821 ergab es sich aus
der Mittheilung der Preise in verschiedenen Jahrgängen, dass
sie seit fünfzig Jahren um das Sechsfache gestiegen waren,
und man mass die Schuld der seitdem vermehrten Zahl der
Pilger zu 793. Die goldene Zeit grösserer Wolfeilheit scheint
für Jerusalem auf immer vorüber zu sein, und zwar je
mehr Pilger sich herzudrängen und je mehr Europäer sich
ansiedeln, und namentlich um die Ostern dürften regelmässig
die Preise mehr in die Höhe gehen.
Konsulate.
Im Jahre 1857 rückte auch ein Konsul der Vereinigten
Staaten Nordamerikas nach. Er kehrt sich als guter Republikaner
nicht so ängstlich an die Formen wie seine Kollegen,
und geht auch, ohne dass die Welt aus ihren Angeln
gehoben wird, sonder Kawass aus. Im Grunde haben die
Leute denn doch etwas mehr Respekt vor den gut gespickten
Breitseiten als vor einem langen Stock mit einem silbernen
Knopfe. An einem Sonntage ist es nun eine wahre Wonne,
die Flaggen verschiedener christlicher Nazionen in den Lüften
schweben zu sehen. Der Franke fühlt unter ihrem lustigen
Wehen m , dass sein Einfluss und seine Macht in diesen Gegenden
ungemein gewachsen ist. Die Hörner des Halbmondes
sind bereits gestutzt, und einen Schritt weiter — und er ist
in der Mitte zerbrochen. Gegen früher beseelte mich innerhalb
der Ringmauern Jerusalems das Gefühl von Freiheit
bei allen demüthigenden Beschränkungen, die sich noch forterhalten
konnten. Ich gebe zu, dass jenes auch aus einem
schönen Stücke Zukunft bestand.
Das ö s t e r r e i c h i s c h e Ko n su l a t . Es liegt sehr vor-
theilhaft im Nordostbezirke der Stadt, gleich nördlich über
der österreichischen Pilgerherberge. Man geht durch einen
freundlichen Garten ins Haus, das bei der Erwartung eines
Besuches von Seite des Herzogs v on B r a b a n t und seiner
Gemahlin besser eingerichtet wurde,-und in der That trifft
man in dem Hause von mehr europäischem Styl viel Comfort.
In prächtig ausmöblirten Zimmern vergisst manv dass
man in Jerusalem ist, und ich hatte Mühe, mich ins J. 1835,
in die damalige Armseligkeit zurückzu versetzen. Wer das
Vergnügen hat, in der Nähe der Dame des Hauses, einer
Wienerin, zu sein, wird wie hingezaubert ins Abendland, in
die Hauptstadt des österreichischen Kaiserreiches,. in die
Kreise höherer Bildung und feinerer Gesittung; unbeschreibliche
Anmuth und Gemüthlichkeit liegen in Benehmen und
Sprache. Ihr Gemahl, der kaiserliche Generalkonsul, Graf
v on P i z z ama n o , ein gebürtiger Venezianer, macht wol
auf jeden Fremden durch ungezwungenes, gefälliges Wesen
einen günstigen Eindruck; nebenbei gesagt, er spricht auch
geläufig Deutsch, und es wurde ihm im Dezember 1857
ein deutscher Österreicher als Kanzler beigegeben. Der
Konsul soll eine bedeutende Sammlung alter Münzen besitzen.