chen. Das Haus, ein ganz arabischer Bau mit all’ seinen
Annehmlichkeiten und Unbequemlichkeiten, hat vierundzwanzig
reinliche Betten. Die Tünche könnte man sich
schöner wünschen. Die Anstalt besitzt eine hübsche Apotheke
mit einer kleinen Bibliothek. Arzt ist Ga l a n t i , ein
Malteser von Geburt und türkischer Militärarzt, und fünf
Schwestern vom heil. Joseph besorgen das Hauswesen und
den Dienst der Krankenwartung. Die Anstalt nimmt Kranke
aller Konfessionen auf; denen römisch-katholischer Konfession
ist jedoch ein besonderer Saal eingeräumt, für welche
die freundlichen Schwestern auch eine niedliche Hauskapelle
haben. Im Hofe warteten bei meinem Besuche ziemlich viel
Araber auf den zu konsultirendçn Arzt. Im Hospital selbst
gab es zur Zeit wenig Kranke. Dasselbe, nur miethweise
benutzt, kostet der Mission jährlich 12,000 Franken 760. Im
J. 1857 wurden 201 Kranke aufgenommen; die Zahl der
Verpflegungstage betrug 2998. Jene schieden sich in 37
lateinische Araber, 31 Griechen, 35 orthodoxe Armenier,
11 russische Pilger, 5 Protestanten, 68 Moslemin, 14 europäische
Pilger. 4 starben. Man behandelte 57 Wechselfieber,
80 remittirende Fieber (was eine unwissenschaftliche Gruppi-
rung verschiedener Krankheiten ist), 28 gastrische Krankheiten,
20 Dysenterien, 16 Brechdurchfälle, 7 Typhus, 6 Lungen-
suchten, 3 Wassersüchten, 3 Syphilis, 8 Tineen, 4 Flechten,
9 Kontusionen und 32 Augenkrankheiten. 11,987 Konsulta-
zionen wurden 4816 Personen ertheilt76'. Jene Zahlen klappen
übrigens nicht; denn die Summen der einzelnen Kranken
steigen, über die 201 Kranke hinaus, auf 273, was jedoch
seine Erklärung finden kann, wenn einzelne Kranke mit ändern
Krankheiten ins Spital wiederholt aufgenommen wurden,
oder im gleichen Kranken andere Übelseinsformen noch vor
der Entlassung sich entwickelten. Ich betrachte diese Anstalt
als einen Anfang, und sie ist. jedenfalls aller Aufmerksamkeit
werth. — Neben diesen Schwestern will der Verein
dös heil. Vinzenz von Paul, der sich in Jerusalem gebildet
hat, einhergehen, um die ’Leiden der Mitmenschen zu lindern
762.
Das ö s t e r r e i c h i s c h e P i l g e r h a u s . Auf Anregung
des Kardinals und Fürstbischofs von Wien, O t hm a r von
Ra u s c h e r , ist zu Anfang des Jahrs 1856 beschlossen worden,
in Jerusalem ein Hospiz für römisch-katholische Pilger
aus Österreich zu gründen, und rasch ging man an die Ausführung.
Über die zweckmässigste Baustelle scheint man
sich nicht lange bedacht zu haben; offenbar wollte man an
die sogenannte via dolorosa rücken, und so einen Punkt suchen,
an den sich reiche Erinnerungen des Pilgrims knüpfen.
Also ward denn die Baustelle, wie ich bereits meldete 763, im
Winkel gewählt, wo das östlichste Stück des sogenannten
Schmerzenweges mit der vom Damaskusthor südostwärts
herabziehenden Gasse zusammenstösst, dem Hammäm es-
Sultän nördlich gegenüber. Da lag aber, wie auch oben
gesagt, eine ungeheure Masse Schutt, der erst mit vieler
Mühe und g r o s s e n Ko s t e n abgeräumt werden musste,
und die Kosten der Abräumung wären noch grösser geworden,
wenn nicht der Pascha die Gefälligkeit erwiesen hätte, zu erlauben,
dass der Schutt gleich ausserhalb des Damaskusthors
aufgethürmt und die Archäologen künftiger Geschlechter
noch mehr verwirrt werden dürfen. Da sah man wieder
zum ersten Mal in der heil. Stadt Wagen dahin rollen: sechs
hohe zweiräderige, von Pferden gezogene Karren, um die
Bausteine herbeizuschaffen, und auch ich hatte Gelegenheit,
die für Jerusalem so neuen Dinger anzustaunen. Daneben
trampelten die Kamele mit ihren Steinlasten auf jeder Seite
des Bauches und trippelten mit Kalk, Wasserschläuchen die
Esel, nachdem deren Rücken vom Schutt frei geworden.
Dreihundertundfünfzig bis vierhundert Personen waren Anfangs
beim Bau beschäftigt, wobei man beabsichtigte, in dem,
zwei Refektorien, ein Krankenzimmer und eine Kapelle um-
schliessenden, Hauptgebäude fünfundzwanzig theils grössere,
theils kleinere Zimmer für Pilger, im Nothfalle bis für hundert,
einzurichten, während das Nebengebäude die Hälfte dieser
Zahl aufnehmen sollte. Am 17. Brachmonat 1856 feierte
man die Grundsteinlegung des Baues, der vom Wiener-Architekten
Ko n r a d E n d l i c h e r längere Zeit geleitet wurde.