weil er mir nichts weiter nützen konnte. Er wurde, wie ich
glaube, gut belohnt, und doch hätte er lieber mehr genommen.
Am Ende verabschiedete er sich mit Zufriedenheit,
und verschwand auf geflügelten Füssen. Wir blieben rastend
bis 9 Uhr, und dann reiste ich mit meinem Bethlehemer
allein, zunächst über den Wadi Ali, der, seit ich ihn das
letzte Mal gesehen, sich durch das Grün bedeutend verschönerte.
Wir erreichten 9 U. 23 Min. L ä t r ü n , das 982'
über dem Spiegel des Mittelmeeres lieg t474. Die Pilger, zu
denen auch ich gehörte, wallen mit Unrecht so ziemlich
gleichgiltig da vorbei;, denn der grosse Umfang der Trümmer
, der etwa eine Viertelstunde beträgt, übertraf weitaus
meine Erwartung. Der Anblick von Mittag her nimmt auch
ungleich mehr für den Trümmerort ein als der von 0 ., N.
oder W. Jetzt wohnt hier Niemand mehr als vielleicht ein
unheimlicher Streifer oder als der Geist der Menschen, die
eine grössere Kraft besessen oder eine grössere Thätigkeit
entwickelt haben als das umwohnende, angaffende Geschlecht.
Die stattlichen Trümmer dürfen noch froh sein, wenn eine
Art Keller vom Bauer als Holzbehälter benutzt wird. Von
Mittag her führt ein Weg im Zickzack auf die Höhe der alten
Festung. Hier gibt es mehrere Reste grösser - alter
Steine, Mauerstücke, einen Chänrest mit alten Unterlagen,
im NW. noch ein fast ganzes, wahrhaft festes Stück der
Burg mit einer abgeschrägten Mauer. Dann sieht man die
in Mörtel gelegten kleinern Steine, wie solche Mauerart die
Kreuzfahrer oder die Franken liebten, und für diese sprechen
auch die Spitzbogengewölbe. Wenn hinwieder Steine
Vorkommen, die ohne Zweifel vor der Zeit der Kreuzfahrer
behauen waren, so liefert dies den Beweis, dass ein älteres
Bauwerk aus der Zeit des byzantinischen Kaiserthums oder
der Römer schon dastand, dassr jene das vorhandene Baumaterial
nicht verwarfen, sondern eben benutzten. Man findet
unter den grossen Steinen sogar geränderte 473.
Sehr zufrieden mit der nähern Untersuchung der bedeutsamen
und doch von den Pilgern so wenig beachteten Trümmer
ging ich 9 U. 45 Min. weg, und gleich kamen wir auf
den Jerusalem-Ramleher-Weg, den wir im Zuge nach Norden
durchschnitten, und gelangten 9 U. 57 Min. zu den Ruinen
von Amu ä s Diese Überbleibsel der Kirche von
Nikopolis 47°, welche für eine solche auch von den Einwohnern
des Dorfes Amuäs gehalten wird, verdienen in hohem
Grade die Aufmerksamkeit. Die Trümmer so nahe und diejenigen
von Lätrün noch näher an der Pilgerstrasse, und
doch wurden b e i d e von den Wallfahrern gar selten besucht.
Ja als ich die „Denkblätter” veröffentlichte, musste
ich die Lage von Amuäs sub judice lassen. Die dunkelgraue,
an keinem Gebäude hellere Farbe trägt die Schuld,
dass es so selten beobachtet wird. Noch ist der Chorbogen
(konche) als Osttheil der Kirche und südlich ein Rundbogengewölbe
erhalten. Am solid gebauten Chor gibt es auch
fugengeränderte Steine. und der Konche nach krumm gehauene
von 8 ' 10" Länge und 2' 10" Höhe. Diese Kirche
erinnert lebhaft an die St. Annakirche bei Bet Dschibrin,
und ich halte sie unbedingt für die ältesten Reste einer
Kirche in Palästina, so weit mir dieses bekannt ist. Ihr
Bau fällt wol ins vierte Jahrhundert 477. Das Dorf ist drei
Minuten nördlich von der Kirche entfernt, und zwischen beiden
steht unten westlich ein Brunnen, aus dem fleissig Wasser
geschöpft wird. Das Wasser ist gut, jedoch weiter nicht
ausgezeichnet 478. Das Dorf liegt an einem sanften Hang von
Ost nach West recht freundlich. Es ist indess nicht gross,
und die Häuser sind hässlich. In der Mitte des zwölften
Jahrhunderts (1141) hatten die Hospitaliter das Land Em-
maus mit seinen Gehöften (Merdsch Iben Omeir) inne, doch
mit der Verpflichtung, dass sie von allen Gewächsen, von
Waizen und 01,. von Bohnen und Erbsen, Linsen und Dura
und allem Gemüse, von den Wein- und Olbaumgärten die
Zehenthälfte an die Chorherren des heil. Grabes in Jerusalem
abgeben mussten, wie auch vom Land und von den
übrigen Weilern in den Bergen 479. Im J. 1334 schrieb man
Emmaus ein altes Grabmal zu, welches das Grab eines im
Perser - Kriege gefallenen grossen christlichen Herrn sein
soll480.