Der Boden der Geburtskapelle, -welche im Felsen ausge-
auen ist, liegt 15' 9" unter dem Boden dieser Kirche, und
es durfte als Maximum in einer Tiefe von 6 ' unter dem letz-
ern Boden der Fels zu Tage treten. Östlich unten am Rücken
zwischen diesem Thalschosse und dem El-Wäd haben wir
die Zisterne der Geisselungskapelle zu prüfen. Der sie hütende
Franziskaner-Pater, welcher schon fünfundzwanzig Jahre
m Jerusalem weilte, gab mir die Auskunft, dass da, wo die
helszisterne in der Nähe des lieblichen Gärtleins liegt der
Schutt eine Hohe von etwa 1 2 ' hatte. Von der Gasse südlich
davor (Tarik Sitti Mariam) gelangt man zu ihr beinahe
eben und einen Fuss unter dem Boden der Geisselungskapelle
findet sich schon der Fels. Ich verbürge jedoch im Weitern
nicht, dass auf der Nordseite des Tarik Sitti Mariam die
Lime theilweise von einer Felswand gebildet werde 590 obschon
aus obiger Betrachtung hervorgeht, dass der F d s in
der Gassenstrecke nahe dem Serai ziemlich oberflächlich
Legen muss. Zudem wissen wir sicher, dass vom Ecce-Homo-
Bogen westwärts hinab bis in den Wäd auf der Nordseite
der Gasse der Felssuchende kaum mit etwas anderm als
mit bchutt und Trümmern regalirt wurde.
Nachdem ich dies geschrieben hatte, wendete ich mich
an Ko n r a d Schick in Jerusalem, damit er mir über einiges
Auskunft ertheilen wolle. Namentlich vernahm ich seit meiner
Abreise von dieser Stadt, dass einige Nachgrabungen stattge-
tunden haben, weil man vorhatte, nördlich, oder nordwestlich
vom Ecce-Homo-Bogen, zwischen dem österreichischen Hospiz
und der Häret el-Mulawieh, für die Töchter von Zion ein
Kloster zu erbauen; gerade noch-vor meiner Abreise wurde
vom Pater Ma r i a R a t i s b o n n e , der sich viel Mühe gab
die nöthigen Gelder aufzubringen, Grund und"Boden angekauft.
Der Ankaufspreis betrug 44,000 Franken; allein an
Bachschisch musste er noch weitere 22,000 Franken nachbezahlen
a97. Die Zeitungen brachten dann auf das posi-
tiveste die Nachricht, dass der Bogen des Pilatus, ein kostbarer
Rest des Prätoriums, aufgedeckt und wieder erkannt
wurde; man meldete des Nähern,- dass auf jeder Seite des
kreisrunden, mit wenig Ornamenten versehenen Bogens 2^
Meter dicke', aus schönen, grossen Werkstücken bestehende
Pfeiler mit rundbogigen Nischen auf der äussern und innern
Fläche sich erheben, und dass man noch einen zweiten, dem
ersten ähnlichen, aber viel kleinern entdeckte 508. Diese
Ruinen entsprechen der Lage des Prätoriums, wie sie um
das J. 1187 angenommen war. Mit solchen stylistischen
Ausschmückungen schien man die matter werdende Theil-
nahme für den Neubau elektrisiren zu wollen. Man wusste
mir aus Jerusalem nichts von eigentlichen Nachgrabungen
und daherigen Entdeckungen (Sept. 1858) zu berichten; dagegen
meldete man von einer Felswand, welche dem Ecce-
Homo-Bogen etwas näher als der österreichischen Pilgerherberge,
etwa 20 bis 24' nördlich vom Tarik Sitti Mariam
und zwar vom Punkte liegt, der 56 Schritte westlich vom
nächsten, durch die Häret el-Mulawieh von Nord her mit
jener Gasse gebildeten Gassenkreuz entfernt ist. Von eben
diesem Punkte steigt man eine 4 ' hohe Treppe nordwärts
hinauf, tritt durch eine Thüre, kommt dann inwendig noch
eine Treppe 6 ' hoch hinauf zu einem Hofe, welcher westlich,
nördlich und östlich von Gemächern umgeben ist. Letzteres
Gemach steht auf einer senkrechten Felswand, welche das
Pflaster des Hofes noch 9 ' oder den Tarik Sitti Mariam gerade
südlich daneben 19 bis 20' hoch überragt. Diese Wand
(die Südseite) bilde mit der von der Südgasse nur unbedeutend
entfernten Süd(west)wand der Felsenkammer, die beim
Fundamentgraben für das österreichische Hospiz entdeckt
wurde, e i ne Linie oder, wenn man will, die Fortsetzung;
nur ist sie höher. Auch dieser 9 ' hohe Fels bildet eine
Ecke, indem er am Westende in einem stumpfen Winkel
gegen Nord umspringt, in der Weise, dass man die Westwand,
welche als Ostmauer einer Küche dient, 8 ' weit, gleichsam
in den Berg hinein,' verfolgen kann. Es wäre etwas
voreilig, südlich von der letztem, immerhin sehr merkwürdigen
Felswand einen Festungsgraben anzunehmen; die Gebäude
im Nordwestwinkel der Tempelarea stehen ja auch
auf einer helswand, die ich als die Nordwand des Antonia