einer Spanne Zeit von acht Tagen! Zu Hause Morgen-
und Abendfröste, das Hinwelken der Pflanzen und ihr Verschlafen
bis zum Frühling; hier eher etwas lästige Wärme,
ein linder Abend, Zypressen, Dattelpalmen, Pomeranzen- und
Granatbäume, Baumwollgewächs, ein frisches Grün auf den
Wiesen, eben aufgeschossene Gerste, allerdings neben etwas
zu kahlen Stellen. Wie die Vegetazion, so erinnern auch
die plattdächigen Häuser mit Erkern an den Orient. Wer
einen allzu raschen Eindruck von diesem vermeiden möchte,
der wird auf Malta durch manche Anklänge vorbereitet. Die
Stadt machte einen günstigen Eindruck auf mich wegen ihrer
soliden Bauart, auf weniger weltlich Gesinnte wol wegen der
vielen wolgenährten Priester, welche in den verschieden geschnittenen
und gefärbten Gewändern ihre Schuldigkeit thun,
dass kein Gras auf den Gassen wächst. Auf den nicht unbedeutenden
Umfang, ich sage nicht: der geistlichen Herren,
sondern der Stadt ist gewisslich nicht jedweder Reisende
gefasst. Die Kirche St. Johann oder der Malteser-Ritter und
der Palast des Grossmeisters oder des heutigen englischen
Gouverneurs mit den Gemälden und Gobelins sind und bleiben
immerdar merkwürdige Zeugen ehemaligen Ritterwesens.
Der Johanniter-Orden, der so lange wider die,Fortschritte des
Islam gegen Sonnenniedergang mit Erfolg kämpfte, musste,
wenn auch in Rhodos besiegt und vertrieben, Lebenskraft
besitzen, als er La Valetta und all’ die festen Werke dort
und all’ die schönen Schätze darin schuf. Ebenso klar und
wahr ist es aber auch, dass dieser Orden sich nun überlebt
hat, überlebt, trotz dass man hier und da die Wangen des
Leichnams schminkt, und — der Raum fehlt in diesem Augenblicke
für eine andere Nachrede, — Ruhm deckt sein Grab. —
Die Farbe der Einwohner verräth gleichfalls schon etwas
Aussereuropäisches; der schwarze Schleier (pallokero) der
Frauen gemahnt an die Araberinnen. Vor Allem auch ist es
die arabische Mundart, welche das Volk des Südens und
Ostens in der Erinnerung auffrischt, bei mir auf eine Weise,
welche das Herz mit Freuden erfüllte.
22. und 23. Oktober. Gestern bei etwas hoch gehender
See ersetzten meist Klagen das Tagesgespräch; heute, bei
etwas besänftigtem Meere, fühlte man so recht gut die Wärme
des Südens.
24. Oktober, In Marseille kaufte ich, in Ermangelung
eines Bessern, „Excursion en Orient. L’Ügypte, le Mont Sinai,
l’Arabie, la Palestine, la Syrie, le Liban. Par le Comte Ch.
de P a r d i e u . Paris 1851. 8.” Es ist ein sehr gewöhnliches,
immerhin gut geschriebenes Touristenbuch, aus welchem die
Wissenschaft wenig Nutzen ziehen kann; der Verfasser folgt
der höchst verderblichen Ansicht der Franzosen, Chateaubriand
als mustergiltig anzuerkennen, so, dass sogar Kopiren
dieses Musters ein Verdienst sei. Ob. für Frankreich eine
Zeit kommen wird, da man dort, zur Ehre des Landes, selbständig
forschen und der Wahrheit mehr Rechte einräumen
wird als dem Blendwerke eines Landsmannes, — ich will
nichts als die Frage hinwerfen. Und doch war das Buch des
Grafen de P a r d i e u meine Hauptlektüre auf dem Schiffe,
was man beinahe nicht ohne Erröthen gestehen darf.
25. Oktober. Witterung vortrefflich, See ruhig, Sehnsucht
gespannt. Nachmittags entdeckte man A l e x a n d r i e n und
lief etwa eine Stunde vor Sonnenuntergang, diesmal ohne
einen arabischen Lootsen, in den Hafen. Von sanitätischen
Massregeln, die sonst an das Lächerliche streiften, sah man
diesmal kein Auge voll. Ein besonders feierlicher Empfang
des Prinzen Tossun durfte nicht ausbleiben, und um Kinder
zu verehren, braucht man eben Männer, die, ausgerüstet mit
einem gereiften Verstände, sich der Überlegenheit bewusst
sind. Da lerne man Beugung und Demuth. Ich war nur noch
der Schatten eines Todtengerippes neben dem' ägyptischen
Buben, welcher zwischen meinen Beinen beinahe ungestreift
hätte durchgehen können. Der Prinz wurde in dieser feierlichen
Stunde über das Gewöhnliche hübsch gekleidet, so dass
er wirklich allerliebst aussah. Gestern machte sich in fränkischer
Gesellschaft Othmän - fifendi mit zurückgeschlagenen
Hemdeärmeln lustig am Glase Marsalawein, womit er auch
gegen Andere sich freigebiger erzeigte als einst Mohammed,
pem Prophet; die Frauenzimmer regalirte er mit Südfrüchten