JERUSALEM UND SEINE NÄCHSTE UMGEBUNG.
Seit 1846 oder meinem letzten Aufenthalt in der heil.
Stadt hat sich manches neu gestaltet, und mehreres ist neu
gefunden und untersucht, angegriffen oder bestätigt worden,
dass eine nicht ganz unansehnliche Nachlese auf mich wartete.
Dafür sparte ich weder Zeit, noch Mühe, und doch
kann ich mich von der traurigen Ahnung nicht loswinden, dass
wieder viele von den pilgernden Schriftstellern, die auf der alten
Strasse fortschlendern wollen, sich nicht bemühen werden,
ein Buch weder zu lesen, noch viel minder zu studiren, in
dem mehr feste Thatsachen, die species fac ti, als lockere Meinungen
niedergelegt sind. Hält es doch weit leichter, mit Lieblingsansichten
und frommen Phrasen einer gewissen Partei aufzuwarten,
als viel Zeit auf genauere Anschauungen und auf
sicherere historisch-kritische Forschungen oder auf Ermittelung
derrWahrheit und abermals der Wahrheit zu verwenden, und
ist es auch weit angenehmer, als mit den gewonnenen Ergebnissen
hier und dort etwä anzustossen. Was nützen, möchte
man endlich fragen, die Wallfahrten auf Golgatha, wenn
man, trotz Zerknirschung und Busse, so viel trübes Parteiinteresse
und sündhafte Parteileidenschaft und Streitsucht,
statt wahrer christlicher Nächstenliebe, wenn man, trotz Grabritterschaft,
so viel Gleichgiltigkeit gegen die Wahrheit, ja
so viel Gewissenlosigkeit bei hochmüthigem Absprechen, statt
des wahren Adels der Gesinnung, wie ich mit Beispielen leicht
darthun könnte, kurz, den alten Menschen heim bringt ? Man
hört von eine;’ Seite, auf der so oft Gott und Religion von
den Lippen fallen, nicht selten den Seufzer: die Welt liegt
im Argen, und ich seufze mit bei solchen Betrachtungen.
Ich habe noch die Bemerkung vorauszuschicken, dass in
diesem Abschnitte über Jerusalem und die nächste Umgebung
die Journalform aufhört, und dass hier und da noch etwas
eingeflochten wurde, das erst nach meiner Abreise von Jerusalem
sich ereignete oder zu meiner Kenntniss gelangte.
Klima.
Über die Temperatur stellte ich in Jerusalem sehr lückenhafte
Beobachtungen nach dem reaumurschen Thermometer
a n , die ich "dennoch hier aufnehmen werde, weil es immer
noch an solchen mangelt. Zugleich nehme ich auch jene auf,
die ich ausserhalb der Stadt bis zum 18. Dezember machte!
Datum. Morgen Mittag. Abend. Bemerkungen.
November.
4. 16,3° Ramleh.
5. 13 Schön (Jerusalem).
6 . 1 2 ° 12,3 Schön.
7. 10,5 Schön.
8 . 10,5 11,2 Schön.
9. 9,5 Regen.
1 0 . 10,3 1 2 ° Stratus; feiner Regen.
1 1 . 9,3 10 Morgens Regen.
1 2 . 12 15,3 14,2 Schön.
13. ' 12 Schön.
15.
16.
13
H,3 17,2 14,5
Bet Dschäla. Abends schön, aber bezogen.
Schön.
17. 10,3 14,2 Donner, Regen; Hagel. Westwind.
18. ^>3 13 11 Dann und wann Regen.
19. 9,5 11,3 10,5 Letzte Nacht sehr viel Regen; heute regnerisch,
trübe.
2 0 . 9,3 14 11 Sehr wenig Regen.
2 1 . 9,7 10 Stratus ohne Regen.
2 2 . 9 9 Nordwind, Abend heiter.
23. 9 11,3 Bezogen. Abends in Bethlehem.
24. 1 0 Bethlehem. Schön.
25. 17 Schön. Bet Dschibrin.
26. H ,8 1 Schön. Bet Dschibrin.